Vertrauensmann - der Betriebsrat für die Zivis
von Peter Tobiassen
(abgedruckt in der Zivi-Zeitschrift "Zivil", Heft 4/99)
Der gewählte Interessensvertreter der Zivildienstleistenden soll zur "vertrauensvollen Zusammenarbeit" zwischen Vorgesetzten und Dienstleistenden in der Dienststelle beitragen. Ob er deshalb "Vertrauensmann" genannt wird?
Wohl kaum. Zweifellos kann der Vertrauensmann am meisten für seine Zivi-Kollegen erreichen, wenn er sachlich, verbindlich und offen auftritt. Aber er ist nicht Handlanger des Dienststellenleiters, sondern Sprecher für die Interessen der Zivildienstleistenden.
Sprechstunden für die Zivis
Für jeden Vertrauensmann ist es wichtig, die Interessen der Mitzivis genau zu kennen. Um diese herauszufinden, sollte er ständig ein offenes Ohr für alle und für alles haben.
Dienstbesprechungen nur für Zivildienstleistende sind der geeignete Ort, um Probleme, Wünsche und Forderungen zu erörtern und abzustimmen. In "guten" Zivildienststellen sind solche Versammlungen kaum ein Problem. Wenn es aber klemmt, scheitert eine solche Versammlung schon an der Frage des Dienststellenleiters: "Wo steht, daß Sie solche Versammlungen abhalten können?" Leider nirgendwo.
Allerdings darf jeder Vertrauensmann Sprechstunden abhalten (§ 14 Absatz 2 Zivildienstvertrauensmanngesetz dieses Gesetz ist abgedruckt im Leitfaden für die Durchführung des Zivildienstes im Abschnitt B 7, Anlage 1). Jeder Zivildienstleistende hat das Recht, diese Sprechstunde zu besuchen. Wenn dann alle Zivis zur gleichen Zeit in die Sprechstunde kommen...
"Alle Zivis" sind alle, die ein Anliegen haben, die Arbeitssituation verbessern wollen oder meinen, jetzt sei endlich Dienstsport in der Dienststelle angesagt. Es gibt immer auch Kollegen, die kein Anliegen haben. Niemand soll zu seinem Glück gezwungen werden. Die "Nichtkommer" dürfen nur die anderen nicht davon abhalten, sich für die eigenen Interessen einzusetzen. Kein Treffen muß scheitern, nur weil die Hälfte der Zivis trotz Einladung nicht kommt.
Der beste Ort für diese Sprechstunden ist das Büro des Betriebs- oder Personalrates oder der Mitarbeitervertretung. Dort ist man nicht nur ungestört, sondern kann von den Interessensvertretern der hauptamtlichen KollegInnen jede Menge lernen.
Nicht ohne Grund sehen die Richtlinien für die Vertrauensleutearbeit vor, daß die Betriebs- und Personalräte die Vertrauensmänner der Zivildienstleistenden zu ihren Sitzungen einladen können, wenn Angelegenheiten besprochen werden, die auch Zivildienstleistende betreffen. (§ 3 Absatz 1 des Zivildienstvertrauensmanngesetzes)
Hier kann ein Vertrauensmann etwas bewirken
Die Aufgabengebiete des Vertrauensmannes sind gesetzlich festgelegt. Danach ist er vom Dienstvorgesetzten zu hören bei Versetzungen von Zivi-Kollegen in eine andere Dienststelle und Umsetzungen innerhalb der Dienststelle sowie bei Anträgen auf Nebentätigkeit und Sonderurlaub (§ 19 des Zivildienstvertrauensmanngesetzes). So manche Ablehnung eines Antrages würde vermutlich nicht ausgesprochen, wenn Vertrauensmänner sich klar und deutlich zu Wort meldeten.
Eingeschaltet werden muß der Vertrauensmann auch bei der Gestaltung des Dienstbetriebes. Zum Dienstbetrieb gehören die Dienstpläne ebenso wie die Aufgabenverteilung und Zumutbarkeit von Tätigkeiten oder die Fürsorge der/s Dienststellenleiterin/s. (§ 20 des Zivildienstvertrauensmanngesetzes). Der Vorgesetzte muß anhören und Vorschläge des Vertrauensmannes entgegennehmen.
Es wird deutlich, daß die Abgeordneten des Bundestages bei der Formulierung des Gesetzes die Beteiligung der Zivis an der Dienstgestaltung ausdrücklich betonen. Häufig ist von "soll" die Rede. "Soll" in der Gesetzesformulierung bedeutet soviel wie "muß", es sei denn, äußere Umstände machen die Anhörung unmöglich, z.B. weil der Vertrauensmann im Urlaub und die Entscheidung über eine Sache nicht aufschiebbar ist.
Die/der DienststellenleiterIn wird nicht umhin können, sich regelmäßig mit dem Vertrauensmann zusammenzusetzen und alle dienstlichen Angelegenheiten zu besprechen. So haben alle Zivildienstleistenden über ihren Vertrauensmann Einfluß auf das, was in der Zivildienststelle passiert. Der Vertrauensmann ist für die Zeit, die er für die Erledigung seiner Vertrauensmannarbeit benötigt, vom sonstigen Dienst freizustellen.
Die Bündnispartner
Nicht immer verläuft alles reibungslos. Dann ist es für den Vertrauensmann wichtig, zu wissen, wer auf seiner Seite ist. Die Zivi-Kollegen sind die wichtigsten Bündnispartner. Ebenso wichtig sind die hauptamtlichen Kollegen in den Betriebs- und Personalräten oder Mitarbeitervertretungen. Sie sind über das zu informieren, was die Zivis wollen und welche Probleme es gibt. Meistens werden Hauptamtliche und Zivis sowieso an einem Strang ziehen - eine vernünftige und abgestimmte Dienstplangestaltung ist eben für alle wichtig.
Wenn Probleme in der Dienststelle nicht intern nicht zu lösen sind, helfen auch die und die örtlichen Stellen der Gewerkschaft ÖTV oder die Deutsche Angestelltengewerkschaft (Anschriften über das Telefonbuch).
Und so wird gewählt
Die Wahlen sind kompliziert. Genau festgelegt ist alles in der Wahlordnung für die Vertrauensmänner, abgedruckt im Abschnitt B 7 des Leitfadens für die Durchführung des Zivildienstes. Mit den Wahlvorschriften müssen sich aber nicht die Zivildienstleistenden, sondern die/der DienststellenleiterIn herumschlagen. Diese/r muß die Wahl organisieren und den ordnungsgemäßen Ablauf garantieren (§ 2 der Verordnung über die Wahl der Vertrauensmänner im Zivildienst). Wenn gewählt ist, sollte das Wahlergebnis von der/dem DienststellenleiterIn und den Zivildienstleistenden gemeinsam schriftlich festgehalten werden und der Vertrauensmann als ‚ordnungsgemäß gewählt' bestätigt werden. Dann kann es bei späteren Auseinandersetzungen keinen Streit darum geben, ob der Vertrauensmann eigentlich Vertrauensmann ist. Bei Problemen mit der Wahl hilft auch das , zu erreichen über 0221/3673-520 oder -488.
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