Gesetz über den Vertrauensmann der Zivildienstleistenden
(Zivildienstvertrauensmann-Gesetz - ZDVG)
Vom 16. Januar 1991 (BGBl. I S. 53)
ABSCHNITT 1: Allgemeine Vorschriften
§ 1 Beteiligung, Grundsatz
(1) Die Beteiligung der Zivildienstleistenden (Dienstleistenden) in dienstlichen Angelegenheiten nach den Bestimmungen dieses Gesetzes soll zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit bei der Dienstgestaltung und zu einer fürsorglichen Berücksichtigung der Belange des einzelnen Dienstleistenden beitragen.
(2) Die Beteiligung der Dienstleistenden erfolgt regelmäßig durch Vertrauensmänner.
(3) Das Recht des Dienstleistenden, sich in dienstlichen und persönlichen Angelegenheiten an seine Vorgesetzten zu wenden sowie Anträge und Beschwerden vorzubringen, bleibt unberührt.
§ 2 Vertrauensmann
(1) Dienstleistende wählen in geheimer und unmittelbarer Wahl aus ihren Reihen
1. in Dienststellen oder in Lehrgängen mit fünf bis zu zwanzig Dienstleistenden je einen Vertrauensmann und je einen Stellvertreter,
2. in Dienststellen oder in Lehrgängen mit einundzwanzig und mehr Dienstleistenden je einen Vertrauensmann und je zwei Stellvertreter.
(2) Für Lehrgänge entfällt die Wahl des Vertrauensmannes und der Stellvertreter, wenn die voraussichtliche Amtsdauer des Vertrauensmannes bis zur Beendigung des Lehrgangs weniger als zehn Kalendertage beträgt.
(3) Wahlberechtigt sind alle Dienstleistenden, die dem Wahlbereich angehören, für den der Vertrauensmann zu wählen ist.
(4) Wählbar ist jeder Wahlberechtigte des Wahlbereichs mit Ausnahme der Dienstleistenden, die infolge Richterspruchs die Fähigkeit, Rechte aus öffentlichen Wahlen zu erlangen, nicht besitzen und der Dienstleistenden, die innerhalb der letzten zwölf Monate vor dem Tage der Stimmabgabe durch das Verwaltungsgericht als Vertrauensmann abberufen worden sind.
(5) Die Wahl wird nach den Grundsätzen geregelt, die für die Wahl des Vertrauensmannes von Mannschaften in militärischen Einheiten gelten. Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zur Durchführung der in Absatz 1 genannten Wahlen Vorschriften zu erlassen über
1. die Wahlbereiche,
2. die Vorbereitung der Wahl, insbesondere die Bestellung des Wahlvorstandes, die Festsetzung des Wahltermins, die Wahlbekanntmachungen, das Wählerverzeichnis, Einsprüche gegen das Wählerverzeichnis, die Wahlvorschläge, die Bewerberliste,
3. die Stimmabgabe,
4. ein vereinfachtes Wahlverfahren für Lehrgänge,
5. die Feststellung des Wahlergebnisses und dessen Bekanntmachung
und
6. die Aufbewahrung der Wahlakten.
(6) Drei Wahlberechtigte, der Leiter der Dienststelle oder der Leiter des Lehrgangs können die Wahl innerhalb von vierzehn Tagen, vom Tage der Bekanntgabe des Wahlergebnisses an gerechnet, beim Verwaltungsgericht anfechten mit dem Antrag, die Wahl für ungültig zu erklären, wenn gegen wesentliche Vorschriften über das Wahlrecht, die Wählbarkeit oder das Wahlverfahren verstoßen worden und eine Berichtigung nicht erfolgt ist, es sei denn, daß durch den Verstoß das Wahlergebnis nicht verändert oder beeinflußt werden konnte.
§ 3 Beteiligung des Betriebs- oder Personalrats
(1) Der Vertrauensmann kann an Sitzungen des Betriebs- oder Personalrats der Dienststelle beratend teilnehmen, wenn Angelegenheiten behandelt werden, die auch die Dienstleistenden betreffen.
(2) Ist ein Vertrauensmann nicht gewählt, so können sich die Dienstleistenden mit ihren Anliegen an den für ihre Dienststelle zuständigen Betriebs- oder Personalrat wenden. Dieser hat auf die Berücksichtigung der Anliegen, falls sie berechtigt erscheinen, bei dem Leiter des Betriebes oder der Verwaltung hinzuwirken.
ABSCHNITT 2: Rechtsstellung des Vertrauensmannes
§ 4 Schutz des Vertrauensmannes
Der Vertrauensmann darf in der Ausübung seiner Befugnisse nicht behindert und wegen seiner Tätigkeit nicht benachteiligt oder begünstigt werden.
§ 5 Schweigepflicht
(1) Der Vertrauensmann hat über die ihm in Ausübung seiner Tätigkeit nach diesem Gesetz bekanntgewordenen Angelegenheiten und Tatsachen Stillschweigen zu bewahren.
(2) Die Schweigepflicht besteht nicht für Angelegenheiten oder Tatsachen, die offenkundig sind oder ihrer Bedeutung nach keiner Geheimhaltung bedürfen. Die Schweigepflicht besteht ferner nicht gegenüber dem Bundesamt für den Zivildienst und den Mitgliedern des für die Dienststelle zuständigen Betriebs- oder Personalrats.
§ 6 Unfallschutz
Erleidet ein Dienstleistender anläßlich der Wahrnehmung von Rechten oder der Erfüllung von Pflichten nach diesem Gesetz durch einen Unfall eine gesundheitliche Schädigung, die im Sinne des Zivildienstgesetzes eine Zivildienstbeschädigung wäre, so finden § 35 Abs. 5 und 8, § 47 und die §§ 49 bis 51 des Zivildienstgesetzes entsprechende Anwendung.
§ 7 Amtszeit
(1) Die Amtszeit des Vertrauensmannes beträgt ein Jahr. Sie beginnt mit dem Tag der Wahl oder, wenn zu diesem Zeitpunkt noch ein Vertrauensmann im Amt ist, mit dem Ablauf von dessen Amtszeit. Schließt sich die Amtszeit des neu zu wählenden Vertrauensmannes nicht unmittelbar an, so verlängert sich die Amtszeit des bisherigen Vertrauensmannes bis zur Neuwahl, jedoch höchstens um zwei Monate.
(2) Das Amt des Vertrauensmannes endet vor Ablauf der Amtszeit
1. durch Niederlegung des Amtes,
2. durch Verlust der Wählbarkeit oder
3. durch rechtskräftige Entscheidung des Verwaltungsgerichts.
§ 8 Niederlegung des Amtes
Der Vertrauensmann kann durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Leiter der Dienststelle sein Amt niederlegen. Die Niederlegung des Amtes wird vom Leiter der Dienststelle dienstlich bekanntgemacht. Bei Lehrgängen tritt an die Stelle des Leiters der Dienststelle der Leiter des Lehrgangs.
§ 9 Abberufung des Vertrauensmannes
(1) Mindestens ein Viertel der Dienstleistenden des Wahlbereiches, der Leiter der Dienststelle, im Falle eines Lehrgangs der Leiter des Lehrgangs oder der Präsident des Bundesamtes für den Zivildienst kann beim Verwaltungsgericht beantragen, den Vertrauensmann wegen grober Vernachlässigung seiner gesetzlichen Befugnisse oder wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten als Vertrauensmann abzuberufen. Der Antrag auf Abberufung kann auch wegen eines sonstigen Verhaltens des Vertrauensmannes gestellt werden, das geeignet ist, die verantwortungsvolle Zusammenarbeit zwischen Vorgesetzten und Dienstleistenden oder das Zusammenleben innerhalb der Dienststelle ernsthaft zu beeinträchtigen.
(2) Auf Antrag eines der Antragsteller kann das Verwaltungsgericht das vorläufige Ruhen des Amtes des Vertrauensmannes bis zur Entscheidung über den Abberufungsantrag anordnen.
§ 10 Eintritt des Stellvertreters
(1) Endet das Amt des Vertrauensmannes vorzeitig (§ 7), so tritt der Stellvertreter ein. Ist kein Stellvertreter vorhanden, ist neu zu wählen.
(2) Der Stellvertreter tritt auch ein, wenn der Vertrauensmann an der Ausübung seines Amtes verhindert ist oder sein Amt ruht (§ 9 Abs. 2).
(3) Die §§ 7 bis 9 gelten für den Stellvertreter entsprechend.
§ 11 Versetzung des Vertrauensmannes
Der Vertrauensmann darf während der Dauer seines Amtes gegen seinen Willen zu einer anderen Dienststelle nur versetzt werden, wenn dies auch unter Berücksichtigung seiner Stellung als Vertrauensmann aus dienstlichen Gründen unvermeidbar ist. Dasselbe gilt für die zur Wahl vorgeschlagenen Dienstleistenden bis zum Wahltag.
§ 12 Beschwerderecht
Der Vertrauensmann kann sich entsprechend § 41 des Zivildienstgesetzes auch dann beschweren, wenn er glaubt, in der Ausübung seiner Befugnisse behindert oder wegen seiner Tätigkeit benachteiligt zu sein.
§ 13 Beschwerden gegen den Vertrauensmann
Richtet sich eine Beschwerde gegen den Vertrauensmann, so entscheidet über sie der Präsident des Bundesamtes für den Zivildienst oder die von ihm hierfür bestellten Beamten des Bundesamtes, die die Befähigung zum Richteramt haben.
ABSCHNITT 3: Beteiligung des Vertrauensmannes
Unterabschnitt 1: Allgemeines
§ 14 Grundsätze für die Zusammenarbeit
(1) Der Vertrauensmann soll zur verantwortungsvollen Zusammenarbeit zwischen Vorgesetzten und Dienstleistenden sowie zur Erhaltung des Vertrauens innerhalb der Dienststelle oder des Lehrgangs beitragen.
(2) Der Vorgesetzte hat den Vertrauensmann bei der Erfüllung seiner Aufgaben zu unterstützen. Der Vertrauensmann ist über Angelegenheiten, die seine Aufgaben betreffen, rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Ihm ist während des Dienstes Gelegenheit zu geben, Sprechstunden für Dienstleistende innerhalb der Dienststelle abzuhalten, soweit dies zur Wahrnehmung seiner Aufgaben erforderlich ist und dienstliche Gründe nicht entgegenstehen.
§ 15 Pflichten des Vorgesetzten
(1) Der Vorgesetzte hat alle Dienstleistenden alsbald nach Dienstantritt über die Rechte und Pflichten des Vertrauensmannes zu unterrichten und den Namen des Vertrauensmannes bekanntzugeben.
(2) Der Vorgesetzte hat den Vertrauensmann und seine Stellvertreter unverzüglich nach ihrer Wahl in ihr Amt einzuweisen.
(3) Vertrauensmänner und deren Stellvertreter, die erstmals in ihr Amt gewählt worden sind, werden durch das Bundesamt für den Zivildienst auf ihre Aufgaben vorbereitet.
(4) Der Präsident des Bundesamtes oder von ihm beauftragte Beschäftigte des Bundesamtes führen mindestens einmal im Kalenderjahr mit Vorgesetzten und Vertrauensmännern eine Besprechung über Angelegenheiten von gemeinsamem Interesse aus dem Aufgabenbereich des Vertrauensmannes durch. Den Vertrauensmännern ist im Benehmen mit den Vorgesetzten Gelegenheit zu geben, sich auf diese Besprechung vorzubereiten.
(5) Dem Vertrauensmann ist im Rahmen der gesetzlichen Regelungen Freistellung vom Dienst zu gewähren, wenn er durch die Erfüllung seiner Aufgaben als Vertrauensmann über die regelmäßige tägliche Arbeitszeit hinaus beansprucht wird.
Unterabschnitt 2: Formen der Beteiligung
§ 16 Anhörung
Dem Vertrauensmann sind beabsichtigte Maßnahmen und Entscheidungen, zu denen er anzuhören ist, rechtzeitig mitzuteilen. Ihm ist Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
§ 17 Vorschlagsrecht
(1) Soweit dem Vertrauensmann ein Vorschlagsrecht zusteht, hat der Vorgesetzte die Vorschläge des Vertrauensmannes mit ihm zu erörtern.
(2) Kommt eine Einigung nicht zustande, kann der Vertrauensmann sein Anliegen dem nächsthöheren Vorgesetzten vortragen, sofern ein solcher vorhanden ist. Dieser entscheidet abschließend. Er soll die Ausführung einer dienstlichen Anordnung oder einer sonstigen Maßnahme bis zu seiner Entscheidung aussetzen, wenn dem dienstliche Gründe nicht entgegenstehen.
(3) Entspricht der Vorgesetzte einem Vorschlag des Vertrauensmannes nicht oder nicht in vollem Umfang, teilt er dem Vertrauensmann seine Entscheidung unter Angabe der Gründe mit.
§ 18 Mitbestimmung
Unterliegt eine Maßnahme oder Entscheidung der Mitbestimmung, ist der Vertrauensmann rechtzeitig durch den für die Maßnahme oder Entscheidung zuständigen Vorgesetzten zu unterrichten und ihm Gelegenheit zur Äußerung zu geben. Kommt eine Einigung nicht zustande, ist die Maßnahme oder die Entscheidung auszusetzen und der nächsthöhere Vorgesetzte anzurufen, sofern ein solcher vorhanden ist. Entscheidet dieser abweichend vom Vorschlag, ist die Entscheidung gegenüber dem Vertrauensmann schriftlich zu begründen.
Unterabschnitt 3: Aufgabengebiete
§ 19 Personalangelegenheiten
(1) Der Vertrauensmann soll durch den Vorgesetzten bei folgenden Personalmaßnahmen auf Antrag des betroffenen Dienstleistenden angehört werden:
1. Versetzung aus dienstlichen Gründen,
2. Umsetzungen innerhalb der Dienststelle,
3. vorzeitige Beendigungen des Dienstverhältnisses, sofern das Zivildienstgesetz einen Ermessensspielraum einräumt, und
4. Anträgen auf Genehmigung einer Nebentätigkeit oder von Sonderurlaub.
(2) Der Vorgesetzte teilt die Äußerung des Vertrauensmannes zu der beabsichtigten Personalmaßnahme der zuständigen Stelle mit. Das Ergebnis der Anhörung ist in die Personalentscheidung einzubeziehen.
§ 20 Dienstbetrieb
(1) Der Vorgesetzte soll den Vertrauensmann zur Gestaltung des Dienstbetriebes anhören. Der Vertrauensmann hat das Recht, Vorschläge zu unterbreiten.
(2) Zum Dienstbetrieb gehören alle Maßnahmen, die im Dienst-, Einsatz- oder Schichtplan festgelegt werden und Fragen der Arbeitsaufgaben, des inneren Dienstbetriebes, der Fürsorge und des außerdienstlichen Gemeinschaftslebens betreffen. Ausgenommen sind Fragen, die sich auf Ziele und Inhalte der Lehrgänge beziehen.
(3) Auf Antrag des betroffenen Dienstleistenden soll der Vertrauensmann bei der individuellen Gewährung von Freistellungen vom Dienst gehört werden.
§ 21 Betreuung und Fürsorge
(1) Die Aufstellung von Benutzerordnungen für Betreuungseinrichtungen unterliegen der Mitbestimmung des Vertrauensmannes.
(2) Die Planung von Veranstaltungen des außerdienstlichen Gemeinschaftslebens bestimmt der Vertrauensmann mit. Zur Durchführung von dienstlichen Veranstaltungen geselliger Art ist er zu hören.
§ 22 Ahndung von Dienstvergehen
(1) Vor der Verhängung von Disziplinarmaßnahmen ist der Vertrauensmann zur Person des Dienstleistenden und zum Sachverhalt anzuhören.
(2) Der Sachverhalt ist dem Vertrauensmann vor Beginn der Anhörung bekanntzugeben.
(3) Über die Anhörung ist eine Niederschrift anzufertigen, die zu den Akten zu nehmen ist.
§ 23 Beschwerdeverfahren
Betrifft eine Beschwerde Fragen des Dienstbetriebes, der Fürsorge oder des außerdienstlichen Gemeinschaftslebens, soll der Vertrauensmann des Beschwerdeführers angehört werden. In Personalangelegenheiten (§ 19) soll der Vertrauensmann auf Antrag des Beschwerdeführers angehört werden.
§ 24 Ausschluß der Beteiligung
Eine Beteiligung des Vertrauensmannes unterbleibt, wenn er selbst Betroffener einer Personalmaßnahme oder einer Disziplinarmaßnahme oder Beschwerdeführer ist. In diesen Fällen ist der Stellvertreter des Vertrauensmannes zu beteiligen.
§ 25 Übergangsvorschrift
Die Vorschriften über die Wahl des Vertrauensmannes nach § 2 finden erstmals Anwendung auf die Wahlen, die nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleitet und durchgeführt werden.
|