Im Jahre 1993 wurden nach Auskunft des Statistischen Bundesamtes 29.108 Menschen in Deutschland eingebürgert, 13.082 behielten dabei ihre bisherige Staatsbürgerschaft bei. Die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange der Ausländer, Frau Cornelia Schmalz-Jacobsen, hat im September 1996 eine neue Broschüre zum Thema Doppelstaatsangehörigkeit und Wehrpflicht herausgegeben. Die Broschüre kann - auch in benötigter Anzahl - bezogen werden über (nur schriftliche Bestellungen): Postfach 140280, 53107 Bonn, oder Telefax: 0228/527- 2760.
Vervielfältigungen sind - auch auszugsweise - unter Angabe der Quelle erwünscht" heißt es in der Broschüre. Dem wollen wir gerne entsprechen und drucken für Sie einige wichtige Teile ab:
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Regelungen für Doppelstaater aus Deutschland und Belgien, Dänemark, Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Nordirland, Norwegen, Österreich, Schweden, Spanien und Vereinigtes Königreich von Großbritannien.
Kapitel II des Europaratsübereinkommens regelt die Fragen der Erfüllung der Wehrpflicht in Fällen von Mehrstaatigkeit. Dort heißt es unter anderem: Wer die Staatsangehörigkeit von zwei oder mehr Vertragsparteien besitzt, braucht seine Wehrpflicht nur gegenüber einer dieser Vertragsparteien zu erfüllen. Und weiter: Der Betreffende ist gegenüber derjenigen Vertragspartei wehrdienstpflichtig, in deren Hoheitsgebiet er sich gewöhnlich aufhält. Wehrpflichtigen steht es jedoch bis zum Alter von 19 Jahren frei, ihre Wehrpflicht dem anderen Staat gegenüber zu erfüllen, dessen Staatsangehörigkeit sie ebenfalls besitzen, in dem sie sich aber nicht gewöhnlich aufhalten. Sie müssen als Freiwillige einen Wehrdienst von mindestens der gleichen tatsächlichen Gesamtdauer ableisten, wie sie für den Staat, in dem sie sich gewöhnlich aufhalten, vorgesehen ist. Hat ein Wehrpflichtiger seine Wehrpflicht gegenüber einem der Staaten, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt, nach Maßgabe dieser Grundsätze erfüllt, so gilt sie auch gegenüber dem anderen Staat als erfüllt.
Diese Bestimmungen des Europaratsübereinkommens gelten für Wehrpflichtige, die neben der deutschen Staatsangehörigkeit, die Staatsangehörigkeit folgender Staaten besitzen:
Belgien, Dänemark (siehe auch 3.),
Frankreich, Irland, Italien, Luxemburg, Niederlande, Nordirland, Norwegen, Österreich, Schweden, Spanien und Vereinigtes Königreich von Großbritannien.
Gibt es, wie etwa im Fall des Vereinigten Königreiches, keine Wehrpflicht, so ist ein Doppelstaater, der neben der deutschen auch die Staatsangehörigkeit eines solchen Staates besitzt, in Deutschland weiter wehrdienstpflichtig. Die in einer Berufsarmee geleistete Dienstzeit wird anerkannt.
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Regelung für Doppelstaater aus Deutschland und Griechenland
Darüber hinaus sind viele deutsch-griechische Mehrstaater, die ihren Wehrdienst in der Bundeswehr abgeleistet haben, nach dem griechischen Wehrpflichtgesetz von der Wehrpflicht in Griechenland befreit. Das heißt, obwohl der aktive Wehrdienst in Griechenland länger dauert als in Deutschland, besteht keine Verpflichtung, einen Restwehrdienst in Griechenland abzuleisten. Diese Befreiung von der Wehrpflicht erfolgt allerdings nur dann, wenn der ausländische Wohnort und Lebensmittelpunkt vor Vollendung des 15. Lebensjahres begründet worden ist.
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Regelung für Doppelstaater aus Deutschland und Dänemark vom 10.10.1985
Deutsch-dänische Mehrstaater können sich grundsätzlich in Deutschland oder in Dänemark zur Wehrdienstleistung verpflichten.
Mit gewöhnlichem Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland können sich deutsch-dänische Mehrstaater gegenüber dem dänischen Verteidigungsministerium (Anschrift: Indenrigsministeriet, Vaernepligtsadministrationen, Datarej 4, DK-3460, Birkeroed, Dänemark) zum Wehrdienst in den dänischen Streitkräften verpflichten. Mit gewöhnlichem Aufenthalt in Dänemark können sich deutsch-dänische Mehrstaater zur Abgabe einer Erklärung zur Verpflichtung zum freiwilligen Wehrdienst in der Bundeswehr an das Kreiswehrersatzamt Schleswig (Anschrift: Moltkestr. 36, 24837 Schleswig) wenden.
Der Staat, in dem sich der deutsch-dänische Mehrstaater gewöhnlich aufhält, betrachtet die Wehrpflicht ihm gegenüber als erfüllt, soweit der Wehrpflichtige seine Wehrpflicht gegenüber dem anderen Staat erfüllt hat
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Regelung für Doppelstaater aus Deutschland und Argentinien vom 18.9.1985
Deutsch-argentinische Mehrstaater sind gegenüber dem Staat wehrdienstpflichtig, in dem sie sich ständig aufhalten. Sie sind dann nicht mehr zum Grundwehrdienst in Deutschland heranzuziehen, wenn sie durch Vorlage einer amtlichen Bescheinigung nachweisen, daß sie gegenüber der Republik Argentinien die Wehrpflicht erfüllt haben oder nach argentinischem Recht davon befreit sind.
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Regelung für Doppelstaater aus Deutschland und der Türkei - ohne Abkommen, aber Praxis
Hat ein deutsch-türkischer Doppelstaater Wehrdienst in der Türkei abgeleistet, so wird dieser in der Bundesrepublik gemäß den Vorgaben des § 8 Abs. 2 des Wehrpflichtgesetzes angerechnet.
Hat ein deutsch-türkischer Doppelstaater seinen Wehrdienst bei der Bundeswehr abgeleistet, so gilt seine Wehrpflicht gegenüber der Türkei unter folgenden Bedingungen als erfüllt:
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Er muß entweder in Deutschland geboren worden sein oder seinen Lebensmittelpunkt (gewöhnlicher Aufenthalt) vor Vollendung der Volljährigkeit (in der Türkei zur Zeit 18 Jahre) in Deutschland begründet haben.
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Die deutsche Staatsangehörigkeit muß vor Vollendung des 38. Lebensjahres erworben worden sein. Bis zu diesem Alter können sich türkische Doppelstaater, wenn sie die unter dem ersten Spiegelstrich genannten Bedingungen erfüllen, vom Wehrdienst zurückstellen lassen.
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Er muß nachweisen, daß er in Deutschland Wehrdienst oder, gemäß des geltenden deutschen Rechts, einen Ersatzdienst abgeleistet hat.
Diese Regelung gilt seit dem 1. Juni 1992.
Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, daß türkische Staatsangehörige seit einer Änderung des türkischen Staatsangehörigkeitsrechts vom Juni 1995 aus der türkischen Staatsangehörigkeit auch entlassen werden können, ohne vorher ihrer Wehrpflicht genügt zu haben. Voraussetzung ist ein schriftlicher Antrag und die Zustimmung des türkischen Ministerrates. Für den Fall einer späteren Wiederannahme der türkischen Staatsangehörigkeit lebt auch die Verpflichtung zur Ableistung des Militärdienstes wieder auf. Altfallregelungen sind nicht vorgesehen.
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Regelungen für Doppelstaater aus Deutschland und den Folgerepubliken des ehemaligen Jugoslawien
Über die diesbezügliche Praxis der Folgerepubliken liegen dem Bundesministerium der Verteidigung keinerlei Erfahrungswerte vor. Auch im Büro der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Ausländer sind bisher keinerlei Anfragen zu dieser Problematik eingegangen. Das Thema dürfte wohl erst mit der zunehmenden staatlichen Konsolidierung der Folgerepubliken des ehemaligen Jugoslawien aktuell werden.
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Anerkennung und Anrechnung des zivilen Ersatzdienstes (für alle Länder)
Leistet ein Doppelstaater, der auch deutscher Staatsangehöriger ist, in dem Staat, dessen Staatsangehörigkeit er ebenfalls besitzt, statt des Wehrdienstes einen gesetzlich vorgesehenen zivilen Ersatzdienst, so kann dieser nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 Wehrpflichtgesetz ganz oder teilweise angerechnet werden. Ist der zivile Ersatzdienst in Deutschland abgeleistet worden, so wird dem Wehrpflichtigen vom Bundesamt für den Zivildienst eine Dienstzeitbescheinigung ausgestellt, die dieser gleich einer Wehrdienstzeitbescheinigung der jeweiligen Auslandsvertretung weiterleiten muß.
Im Verhältnis zu den genannten Staaten wird ein ziviler Ersatzdienst gegenseitig als Erfüllung der Wehrpflicht anerkannt. Dies gilt auch für die Türkei (seit dem 1. Juni 1992) und für die Schweiz, deren Wehrrecht einen zivilen Ersatzdienst selbst gar nicht vorsieht. Über die diesbezügliche Praxis der Folgerepubliken des ehemaligen Jugoslawien liegen so gut wie keine Erkenntnisse vor. Dem Bundesamt für den Zivildienst ist ein Fall bekannt, in dem Slowenien den in Deutschland geleisteten zivilen Ersatzdienst eines deutsch-slowenischen Wehrpflichtigen als Erfüllung der Wehrpflicht anerkannt hat. Soweit andere Staaten betroffen sind, kann Wehrpflichtigen, die einen zivilen Ersatzdienst leisten wollen, nur empfohlen werden, sich über die Rechtslage in dem jeweiligen Staat zu informieren.
Die Verpflichtung zum siebenjährigen Dienst als Helfer im Katastrophenschutz bei Deutschem Roten Kreuz, Technischem Hilfswerk, Feuerwehr oder ähnlichen Institutionen wird nicht als Ableistung der Wehrpflicht anerkannt.
Eine in Deutschland festgestellte Wehrdienstuntauglichkeit wird in der Regel anerkannt, kann aber nachgeprüft werden.
Soweit die Auszüge aus der Broschüre der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange der Ausländer.
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Vietnamesen in Deutschland
Das Auswärtige Amt hat mit Schreiben vom 25.7.1996 (Gz.: 342-SE/E) an den KDV-Beauftragten der Evangelischen Kirche in Baden zu der Situation der in Deutschland lebenden Vietnamesen mitgeteilt:
In Vietnam besteht eine allgemeine zweijährige Wehrpflicht für Männer im Alter von 18 bis 27 Jahren. Die Überwachung der Wehrpflicht ist derzeit nicht streng, da die vietnamesische Armee schon aus finanziellen Gründen nicht in der Lage ist, alle Wehrpflichtigen aufzunehmen. Vietnamesische Männer im wehrdienstfähigen Alter bedürfen keiner Reisegenehmigung durch die Wehrdienstbehörde. ...
In Deutschland lebende Vietnamesen stehen nicht oder nicht mehr im sog. Hausbuch", können daher nicht erfaßt und eingezogen werden. Soweit ersichtlich überprüfen die Grenzbehörden nicht die Ableistung der Wehrpflicht. Es ist nicht bekannt, ob die Ortspolizei beim Familienbesuch von in Deutschland lebenden Vietnamesen eine solche Überprüfung einleitet.
Probleme bei der Paßverlängerung konnten bislang nicht auf den nicht abgeleisteten Wehrdienst zurückgeführt werden."