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Die Ersetzung Zivildienstleistender durch tariflich bezahlte Arbeitskräfte - eine Modellrechnung

von Dietmar von Boetticher

Zeitschrift „4/3", Nr. 2, 1994

Für alle Beteiligten im sozialen Bereich wäre es sicherlich vorteilhaft, wenn im Falle der Abschaffung bzw. Aussetzung der Wehrpflicht die im Zivildienst geleistete Arbeit nicht entfiele oder durch andere dienstverpflichtete Arbeitskräfte erledigt würde, sondern stattdessen entsprechend viele reguläre Arbeitsplätze neu geschaffen würden. Dagegen sprechen vor allem die Befürchtungen, dies führe zu immensen Mehrkosten bzw. sei überhaupt nicht finanzierbar - die Haushalte der Dienststellen bzw. der Sozialämter und Krankenversicherungen als HauptkostenträgerInnen seien dazu nicht in der Lage.1) An dieser Stelle will ich nicht näher auf die häufig vorgebrachten Vorwürfe eingehen, die Dienststellen bzw. die Wohlfahrtsverbände würden an den ZDL Geld verdienen2), sondern will mich im Folgenden statt einer betriebswirtschaftlichen Sichtweise einer eher gesamtwirtschaftlichen Betrachtung zuwenden.

Zunächst versuche ich dabei abzuschätzen, wieviel Geld aufgewendet werden müßte, wenn die im Zivildienst geleistete Arbeit tariflich entlohnt würde. Sodann versuche ich, dem gegenüberzustellen, welche Kosten dadurch entfallen würden bzw. welche zusätzlichen Einnahmen zu erwarten wären, wobei ich die Kosten eher großzügig, die Einsparungen dagegen eher vorsichtig abschätzen werde.

Berechnungsgrundlagen

Konkrete Berechnungen der Gesamtaufwendungen für Löhne und Gehälter, die ZDL (oder den entsprechenden „Ersatz"-Arbeitskräften) bei tariflicher Bezahlung ihrer Arbeit zustehen würden, sind bislang kaum veröffentlicht worden - zumindest sind mir nur zwei bekannt.3)

Dies ist zum einen die äußerst knappe „Modellrechnung für den Geldwert der ZDL-Arbeit" von Jürgen Blandow im Rahmen seiner regionalen Arbeitsmarktstudie „ZDL als Personalgruppe des Wohlfahrtswesens"4), zum anderen die sehr differenzierte und ausführliche „Berechnung des fiktiven Werts zivildienstlicher Arbeit" von Cornelius Kraus in seiner Studienarbeit „Zur volkswirtschaftlichen Bedeutung des Zivildienstes".5) Beide beziehen sich auf das Jahr 1987 und kommen - trotz äußerst unterschiedlicher Berechnungsansätze - auf das gleiche Ergebnis, nämlich auf einen Geldwert der zivildienstlichen Arbeit in Höhe von etwa 2,24 Milliarden Mark.6)

Bevor ich im Folgenden ausführlicher auf die Berechnung von Kraus eingehen werde, die mir als Grundlage für meine eigenen Überlegungen dient, will ich kurz die Vorgehensweise von Blandow skizzieren: Zunächst hat er die Tätigkeiten der ZDL in Bremen anhand seiner Befragungsergebnisse in acht Funktionsbereiche eingeteilt und diese unterschiedlichen Vergütungsgruppen zugeordnet.7) Die mittels Befragung ermittelten Wochenstunden, die die Bremer ZDL in den einzelnen Bereichen leisteten, wurden aufs Jahr hochgerechnet und mit dem jeweils zugeordneten Stundensatz nach BAT bzw. Honorar, Lohn oder Durchschnittssatz multipliziert und anschließend aufsummiert. Der so ermittelte Wert für die Stadt Bremen wurde schließlich grob auf das Bundesgebiet hochgerechnet.8)

Neben der fraglichen Repräsentativität der Bremer Ergebnisse für das gesamte Bundesgebiet, auf die auch Blandow selbst hinweist9), gibt es vor allem einen weiteren Kritikpunkt an dieser Berechnung: Vollzeitkräfte werden in der Regel nicht - wie in Blandows Rechnung - nach der Stundenvergütung bezahlt, sondern erhalten eine festgelegte monatliche Grundvergütung. Diese liegt jedoch - gerade bei jungen Arbeitskräften bzw. Berufs-"Neulingen" wie den ZDL - selbst mit allgemeiner Zulage und Ortszuschlag wesentlich niedriger als eine entsprechende Bezahlung nach Stundenvergütung, wie sie Blandow zugrunde legt. Seine Rechnung wird jedoch entsprechend nach unten korrigiert, indem er Aufwendungen für Urlaubsgeld, für das „Weihnachtsgeld", für geleistete Überstunden10) und für den ArbeitgeberInnenanteil zu den Sozialversicherungen nicht berücksichtigt. Erstaunlich bleibt die Tatsache, daß Blandow bei dieser recht groben Überschlagsrechnung fast exakt auf den gleichen Betrag kommt wie Kraus.11)

Cornelius Kraus schätzt den Wert der durch Zivildienst geleisteten Arbeit sehr differenziert und vor allem sehr vorsichtig ab, d.h. in Zweifelsfällen eher zu niedrig.12) Dies muß deutlich betont werden, denn sowohl von der damaligen Bundestagsfraktion der GRÜNEN als auch von der Zentralstelle KDV sowie von Markus Ermert wird dieser bewußt sehr niedrig angesetzte Wert vorschnell mit dem Betrag gleichgesetzt, der aufgewendet werden müßte, wenn man ZDL durch tariflich bezahlte Arbeitskräfte ersetzen würde.13) Kraus selbst jedoch geht es in seiner Arbeit in erster Linie darum, den hohen Stellenwert der häufig unterschätzten Arbeit der ZDL durch eine vorsichtige Abschätzung zu verdeutlichen.14) „Um auch eine für Skeptiker in jedem Fall glaubwürdige Größe zu ermitteln, wird auch eine die zivildienstlichen Tätigkeiten eher zu niedrig bewertende Größe [Untergrenze] errechnet."15) Zur Berechnung dieser Untergrenze werden die untersten Vergütungs-, bzw. Entlohnungsgruppen herangezogen, die im öffentlichen Dienst existieren.16) Daneben ermittelt Kraus eine Obergrenze, die sich an der Vergütung bzw. Entlohnung einfachst ausgebildeter Arbeitskräfte mit vergleichbarer Tätigkeit orientiert.17) Diese ist für meine Betrachtungsweise interessanter, denn Kraus selbst merkt zu dieser Obergrenze an: „...bei Ausfall zivildienstlicher Arbeitskräfte müßte ... mit der Bezahlung der hier ermittelten Werte gerechnet werden, um die Aufrechterhaltung der bis dato durch den Zivildienst geleisteten Dienste ohne größere Schwierigkeiten garantieren zu können. Es ist unschwer, sich dabei vorzustellen, daß der Wert der Obergrenze noch zu niedrig sein könnte".18) Zwischen Ober- und Untergrenze ermittelt Kraus zusätzlich noch einen „Orientierungspunkt", der sich an der Entlohnung bzw. Vergütung angelernter Kräfte orientiert19) und den Kraus für den plausibelsten der drei Werte hält.20)

Kraus geht bei seiner Berechnung des Wertes zivildienstlicher Arbeit von den folgenden Grundannahmen aus, die sich zumeist eher wertmindernd auf das Ergebnis auswirken:

  • es wird nicht die Zahl der ZDL (wie bei Blandow), sondern die der belegten Zivildienstplätze zugrunde gelegt, da vielfach Zivildienstplätze übergangsweise doppelt belegt werden;21)
    für alle ZDL wird vereinfachend angenommen, sie seien 21 Jahre alt, ledig, kinderlos und Berufsanfänger;22)
    in die Berechnung fließt die volle Entlohnung bzw. Vergütung ein - also nicht die für Auszubildende o.ä.;23)
  • alle nicht genau zuordenbare Zuschläge werden vernachlässigt;24)
  • die ZDL haben eine mittlere Dienstzeit von 42,2 Wochenarbeitsstunden und einen durchschnittlichen Jahresurlaub von 31,2 Tagen - verglichen mit entsprechenden ArbeitnehmerInnen des öffentlichen Dienstes (40-Stunden-Woche und 26 Tage Urlaub) ergibt dies eine jährliche Mehrarbeit der ZDL von gut 6,5 Tagen bzw. 52 Stunden, die in Kraus' Berechnungen nicht als Überstunden, sondern mit dem einfachen Stundensatz vergütet werden;25)
  • bezüglich Arbeitsintensität, Motivation, Qualifikation und Disziplinierungsmöglichkeiten stehen ZDL entsprechenden ArbeitnehmerInnen in nichts nach (eher im Gegenteil); beide Gruppen können daher miteinander verglichen werden.26)

Für die konkrete Berechnung ordnet Kraus jedem einzelnen Tätigkeitsbereich im Zivildienst eine bzw. mehrere Vergleichstätigkeiten im öffentlichen Dienst und die entsprechende Lohn- bzw. Vergütungsgruppe zu, wobei er diese Zuordnung getrennt nach „Untergrenze", „Obergrenze" und „Orientierungspunkt" vornimmt und jede einzelne Zuordnung ausführlich begründet.27) Für jede einzelne betroffene Lohn- bzw. Vergütungsgruppe rechnet Kraus dann ausführlich die jährlichen Gesamtaufwendungen der ArbeitgeberInnen pro Arbeitskraft unter den vorgenannten Voraussetzungen aus, woraus sich dann entweder direkt oder durch Mittelwertbildung der „Wert" zivildienstlicher Arbeit in den einzelnen Tätigkeitsbereichen pro ZDL und Jahr ergibt.28)

Bei meinen Berechnungen zu den entstehenden Kosten bei tariflicher Bezahlung der im Zivildienst geleisteten Arbeit orientiere ich mich im Wesentlichen an den Voraussetzungen und am Vorgehen von Kraus, weiche aber aus unterschiedlichen Gründen in einigen Punkten mehr oder weniger stark ab. Deshalb lege ich im Folgenden meine Voraussetzungen und Grundüberlegungen dar:

  • Kraus geht es in erster Linie um eine möglichst vorsichtige Abschätzung des Wertes der von ZDL erbrachten Arbeit, d.h. er legt seinen Berechnungen die Personengruppe der ZDL zugrunde. Diesen Wert aktualisiere ich - unter dem vereinfachten Stichwort „Zivildienst-Wert" - wobei ich mich an Kraus' Zuordnung der Tätigkeitsbereiche bezüglich des „Orientierungspunktes" anlehne.29) Dieser „Zivildienst-Wert" müßte in etwa aufgewendet werden, wenn man die ZDL selbst tariflich bezahlen würde, was z.B. für eine gewisse Übergangszeit im Falle eines kurzfristigen Wegfalls des Zivildienstes theoretisch denkbar wäre. Da es mir aber vor allem um eine Abschätzung der Kosten geht, die aufgewendet werden müßten, wenn ZDL durch tariflich bezahlte Arbeitskräfte vom freien Arbeitsmarkt ersetzt würden, ist dieser „Zivildienst-Wert" eher als absolute Untergrenze zu sehen. Daher berechne ich zusätzlich einen Geldwert - den ich kurz „Ersatz-Kosten" nenne -, der sich an Kraus' Zuordnungen der Tätigkeitsbereiche bezüglich der „Obergrenze" orientiert und bei dem ich von einer durchschnittlichen Arbeitskraft ausgehe, die 25 Jahre alt und verheiratet ist, ein Kind hat, seit vier Jahren in ihrem Beruf beschäftigt ist und sich „bewährt" hat.30)
  • Bei der Zuordnung der Tätigkeitsbereiche im Zivildienst zu Vergütungs- bzw. Lohngruppen habe ich einiges aktualisiert bzw. verändert, da zum einen seit 1987 neue Tätigkeitsbereiche hinzugekommen sind, zum anderen die Lohngruppen für ArbeiterInnen im öffentlichen Dienst nach 1987 bundesweit vereinheitlicht wurden, so daß die von Kraus benutzten Lohngruppen heute keine Gültigkeit mehr besitzen. Darüberhinaus habe ich zum Teil unter „Ersatz-Kosten" zusätzlich einige Lohn- bzw. Vergütungsgruppen zugeordnet, die fertig ausgebildeten Arbeitskräften entsprechen.
  • Eine Erhebung über die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der ZDL hat von Seiten des BAZ für Zivildienst seit 1985 nicht mehr stattgefunden. Im Gegensatz zu den 1985 ermittelten 42,2 Stunden31) schätzt Rüdiger Löhle, Pressesprecher des BAZ, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit aufgrund der Einführung der 38,5-Stunden-Woche zur Zeit auf knapp 40 Stunden32), weshalb ich bei der Berechnung des „Zivildienst-Wertes" vorsichtig von einer 39,5-Stunden-Woche ausgehe, d.h. von einer Überstunde pro Arbeitswoche. Bei knapp 45 Arbeitswochen pro Jahr33) ergibt dies eine jährliche Mehrarbeit der ZDL von 45 Stunden, die in meine Berechnung des „Zivildienst-Wertes" mit der Vergütung von Überstunden einfließen. Bei der Berechnung der „Ersatz-Kosten" hingegen gehe ich von einer 38,5-Stunden-Woche ohne Überstunden aus.
  • Da mir eine „Doppelbesetzung" von Zivildienst-Arbeitsplätzen bei Wegfall des Zivildienstes nicht notwendig erscheint, fließt in meine Berechnungen ebenfalls nur die Zahl der besetzten Zivildienstplätze und nicht die Gesamtzahl der ZDL ein.
  • Zeitzuschläge, (Wechsel-)Schichtzulagen, Funktionszulagen, Zulagen für Pflegepersonal auf Intensivstationen und andere nicht zuordenbare Zuschläge bzw. Zulagen konnten auch von mir leider nicht berücksichtigt werden.
  • Meine Berechnungen gelten für das Jahr 1993 und basieren auf den für die westlichen Bundesländer gültigen34) Vergütungen und Monatstabellenlöhnen im öffentlichen Dienst für 199335) und der Anzahl der belegten Zivildienstplätze im gesamten Bundesgebiet am 15. Mai 1993.36)
  • Darüberhinaus gehe ich bei meinen Kostenüberlegungen davon aus, daß allein durch die Ersetzung der ZDL durch tariflich bezahlte Arbeitskräfte keine zusätzlichen Investitionen notwendig werden und daß durch den Wegfall des Zivildienstes nicht an anderer Stelle zusätzliche Kosten entstehen oder Menschen arbeitslos werden (z.B. die Bediensteten des BAZ und der Dienststellen oder die betroffenen ZDL).

Finanzbedarf

Unter den oben erwähnten Annahmen ergeben sich die folgenden theoretischen Werte (für 1993): Eine tarifliche Entlohnung der derzeitigen ZDL für ihre Arbeit würde gut 4,5 Milliarden Mark pro Jahr kosten („Zivildienst-Wert"), während eine komplette Ersetzung der derzeitigen ZDL durch tariflich bezahlte Arbeitskräfte Kosten in Höhe von gut 5,3 Milliarden Mark pro Jahr verursachen würde („Ersatz-Kosten").

Diese Aufwendungen sind jedoch nicht notwendigerweise gleichzusetzen mit entstehenden Kosten bei Wegfall des Zivildienstes. So ist es z.B. fraglich, ob die Anzahl der neu einzustellenden hauptamtlichen Arbeitskräfte der Anzahl der derzeit besetzten Zivildienstplätze entsprechen muß. Auf der einen Seite signalisiert die hohe Zahl unbesetzter Zivildienstplätze37) einen sehr viel höheren Bedarf an Arbeitskräften im sozialen Bereich, auf der anderen Seite steht zu befürchten, daß die soziale Versorgung bei Wegfall des Zivildienstes aus Kostengründen eingeschränkt wird und nur in den „allernotwendigsten" Bereichen Ersatz-Stellen geschaffen werden.38)

Im Rahmen der hier angestellten Kostenüberlegungen zur Ersetzung der ZDL durch tariflich bezahltes Personal interessiert jedoch in erster Linie, wieviele Arbeitskräfte bei Wegfall des Zivildienstes eingestellt werden müßten, damit der derzeitige Standard im sozialen Bereich zumindest aufrechterhalten werden kann.

Weitgehend Einigkeit herrscht darüber, daß insgesamt weniger hauptamtliche Arbeitskräfte notwendig wären39): Ermert geht dabei genau wie das Generalsekretariat des Malteser-Hilfsdienstes von einem Verhältnis derzeit besetzter Zivildienstplätze zu notwendigen Vollzeitarbeitsplätzen mit tariflicher Bezahlung von 10:9 aus.40) Orientiert man sich an diesem groben Schätzwert und geht stark vereinfachend davon aus, daß dieses Verhältnis für alle Tätigkeitsbereiche gleichermaßen gilt, so verbleiben im Rahmen der vorangegangenen Überlegungen jährliche Kosten von knapp 4,8 Milliarden Mark, die aufgewendet werden müßten, um bei Wegfall des Zivildienstes den derzeitigen Standard im sozialen Bereich durch Einsatz tariflich bezahlter Arbeitskräfte zumindest aufrecht zu erhalten.41)

An dieser Stelle muß noch einmal deutlich daraufhingewiesen werden, daß es sich hierbei um rein theoretische Überlegungen handelt, denn es ist z.B. fraglich, ob sich zur Zeit entsprechend viele Arbeitskräfte für die Arbeit im sozialen Bereich finden ließen. Auf diese Frage komme ich später zurück.

Einsparungseffekte

Den veranschlagten Kosten für die Ersetzung von ZDL durch tariflich bezahlte Arbeitskräfte stehen eine ganze Reihe von Einsparungen gegenüber, die im einzelnen wohl noch schwerer konkret zu beziffern sind als die Kosten. Sie lassen sich grob in zwei Bereiche einteilen: Zum einen würden die derzeitigen Ausgaben für den Zivildiest wegfallen, zum anderen sind mit der Schaffung neuer Arbeitsplätze Minderausgaben bzw. Mehreinnahmen vor allem bei den Sozialversicherungen, den Steuern und den „Kassen", die für die finanzielle Unterstützung Arbeitsloser zuständig sind, verbunden.

  • Der einzige Posten, der sich in diesem Teilbereich recht exakt angeben läßt, ist zugleich auch der größte, nämlich der Etat des BAZ. Dieser enthält u.a. Ausgaben des Bundes für die ZDL (z.B. Sold, „Weihnachtsgeld", Entlassungsgeld, Bekleidungszuschuß, Unterhaltssicherungszahlungen, Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherungsbeiträge), Zuschüsse für die Dienststellen, Kosten für die Zivildienstschulen sowie für Aus- und Fortbildung der ZDL, Personalkosten für die Bediensteten des BAZ und weitere Verwaltungskosten.42) Der Gesamtetat des BAZ ist für 1993 mit 2,104 Milliarden Mark43) veranschlagt - dieses Geld könnte bei Wegfall des Zivildienstes komplett eingespart werden.
  • Den nächstgrößeren Posten in diesem Bereich stellen wohl die bisherigen Ausgaben der Dienststellen für die ZDL dar, die nicht vom BAZ gedeckt werden. Dazu gehören zum einen Kosten für Unterkunft, Verpflegung, Arbeitskleidung sowie für den Verwaltungsaufwand, zum anderen Kosten für die Einführung, Aus- und Fortbildung. Diese Kosten lassen sich jedoch - mit Ausnahme der für die Arbeitskleidung44) - alle nicht exakt angeben. So beträgt zwar das Verpflegungsgeld offiziell 11,70 Mark pro Kalendertag45); jedoch muß dieses nicht ausgezahlt werden, wenn die Dienststelle dem ZDL Essen zur Verfügung stellt, was in vielen Fällen der Fall ist, da häufig eigene Kantinen oder ähnliche Einrichtungen vorhanden sind, wodurch die Verpflegung der ZDL für die Dienststellen vermutlich preiswerter ist. Die Kosten für Unterkunft lassen sich kaum abschätzen, da viele ZDL keine „Dienstunterkunft" haben, sondern stattdessen zuhause oder in einer eigenen Wohnung bzw. einem eigenen Zimmer wohnen.46) Der Verwaltungsaufwand ist ebenfalls schlecht abschätzbar, jedoch dürfte er höher anzusetzen sein als bei Personal in tariflich geregeltem Arbeitsverhältnis, da Extra-Abrechnungen gemacht werden, Sonderregelungen gelten, viele Zivildienstplätze vorübergehend doppelt oder auch gar nicht besetzt sind, häufig mit dem BAZ korrespondiert und abgerechnet werden muß und auch der zwangsläufige häufige Wechsel der ZDL vermehrten Verwaltungsaufwand mit sich bringt. Die Kosten für die Einführung der ZDL, die notwendige Begleitung bzw. Aus- und Weiterbildung sind ebenfalls nicht vernünftig bezifferbar. Diese Kosten werden einerseits vielfach unterschätzt, andererseits sparen viele Dienststellen diese Kosten komplett ein, indem sie auf diese sinnvollen und teilweise notwendigen Maßnahmen verzichten.47) Auch hier gilt, daß durch den häufigen Wechsel der ZDL die Kosten höher anzusetzen sind als bei länger beschäftigtem Personal. Die Abschätzung der Kosten der Dienststellen wird darüberhinaus erschwert durch die Zahlung von „Aufwandszuschüssen" des BAZ, die im Juli 1984 als finanzieller Anreiz zur Schaffung neuer Zivildienstplätze eingeführt wurden; seit dem 1. August 1991 liegt dieser Zuschuß an die Dienststellen bei einheitlich 11 Mark pro Kalendertag für alle beschäftigten ZDL im Mobilen Sozialen Hilfsdienst (MSHD) und der Individuellen Schwerstbehindertenbetreuung (ISB) sowie für alle ZDL in den „neuen" Bundesländern.48) Für den MSHD („West") wurde dieser Zuschuß allerdings für alle Dienstantritte ab dem 1. Juli 1993 gestrichen.49) Wegen der geschilderten Schwierigkeiten scheint es sinnvoller, die nicht vom BAZ getragenen Kosten der Dienststellen pro ZDL pauschal abzuschätzen: Rüdiger Löhle, BAZ-Pressesprecher, schätzt diese Kosten auf durchschnittlich 600 Mark pro Monat50), im zuständigen Bundesministerium für Frauen und Jugend rechnet man dagegen mit einer monatlichen Gesamtbelastung der Dienststellen zwischen 800 und 1.000 Mark51), und Peter Ruf, Pressesprecher des Diakonischen Werkes Württemberg, gibt die durchschnittlichen Aufwendungen der Dienststellen in seinem Bereich - vor der Zuschußkürzung im MSHD zum 1. Juli 93 - mit gut 900 Mark im Monat an (bzw. 30 Mark pro Tag)52). Mir erscheint die von Löhle getroffene Abschätzung der Dienststellen-Kosten, die nicht vom BAZ übernommen werden, in Höhe von durchschnittlich 600 Mark pro ZDL und Monat zwar als deutlich zu tief gegriffen, werde sie hier aber dennoch im Sinne einer sehr vorsichtigen Abschätzung übernehmen. Mit diesen 600 Mark pro Monat als Grundannahme errechnen sich bei 112.268 ZDL53) für die Dienststellen Gesamtkosten in Höhe von 808.329.600 Mark für das Jahr 1993.
  • Weitere Einsparungen bei Wegfall des Zivildienstes ergäben sich bei den sogenannten „Regiekosten" im Zusammenhang mit der Wehrpflicht. Darunter fallen u.a. Kosten für die KDV-Verfahren im Zuständigkeitsbereich des BMVg54), anteilig auf den Zivildienst entfallende Kosten an der Erfassung und Musterung der Wehrpflichtigen sowie nicht zuletzt Anteile an den Kosten für die recht aufwendige Strafverfolgung von Dienstflüchtigen und Totalverweigerern - einschließlich Gerichtsverfahren und zum Teil mehrmonatigen Gefängnisstrafen.55) Laut Bernd Wilz, Parlamentarischer Staatssekretär im BMVg, sind bislang noch keine Daten über die gesamten jährlichen Regiekosten für die Wehrpflicht erhoben worden.56) Die eigenen Kosten speziell für die Bearbeitung von Anträgen auf Anerkennung als KDV beziffert das BMVg auf 1,2 Millionen Mark für das Jahr 1992.57) Dies entspricht umgerechnet durchschnittlichen Kosten von unter 100 Mark je KDV-Verfahren58), was mir recht niedrig erscheint. Erstaunlich gering sind auch die vom BMVg angegebenen Kosten für die Musterung der Wehrpflichtigen - für das Jahr 1992 liegen diese bei 11,2 Millionen Mark.59) Geht man von einer extrem niedrigen Jahrgangsstärke von 378.000 Wehrpflichtigen60) aus (die jeweils nur einmal gemustert werden), so entspricht obige Summe durchschnittlichen Musterungskosten pro Wehrpflichtigem von unter 30 Mark.61) Gesonderte Angaben zu den Kosten für die Erfassung der Wehrpflichtigen sowie für die Strafverfolgung von Dienstflüchtigen und Totalverweigerern sind mir nicht bekannt. Die Zentralstelle KDV schätzt den Zivildienst-Anteil an den Regiekosten der Wehrpflicht insgesamt auf mindestestens 200 Millionen Mark62), schlüsselt diese Summe jedoch nicht näher auf. Im Sinne einer eher zu vorsichtigen Abschätzung der Einsparungen werde ich daher aufgrund dieser unsicheren Angaben die Regiekosten bei der Gesamtrechnung nicht weiter berücksichtigen.

Neue Arbeitsplätze

Es wurde davon ausgegangen, daß ca. 90.000 Arbeitsplätze neu eingerichtet werden müßten, um die bislang von ZDL verrichtete Arbeit zu übernehmen.63) Um Aussagen über finanzielle Auswirkungen dieser neueinzurichtenden Arbeitsplätze machen zu können, ist es notwendig, Annahmen zu treffen, wie diese besetzt würden und welche Faktoren in die Berechnung einfließen. Es erscheint mir an dieser Stelle erneut sehr wichtig, deutlich darauf hinzuweisen, daß die folgenden Annahmen meiner Meinung nach zwar plausibel, aber nichts desto trotz rein spekulativ sind, so daß die von mir berechneten finanziellen Auswirken immer nur vor dem Hintergrund dieser Annahmen zu sehen sind:

  • Die neu einzurichtenden Arbeitsplätze werden komplett besetzt. Wie realistisch diese Annahme ist, wird später erörtert. Für meine theoretische Betrachtung ist diese Annahme sinnvoll, da ich auch bei den Kostenüberlegungen von der gleichen Voraussetzung ausgegangen bin.
  • Die neu einzurichtenden Arbeitsplätze werden sowohl in den alten als auch in den neuen Bundesländern zur Hälfte von offiziell arbeitslos gemeldeten Arbeitskräften besetzt; die Besetzung der anderen Hälfte erfolgt dementsprechend durch Gruppen, die nicht als Arbeitslose registriert sind, wie z.B. ehemalige ZDL64), BerufseinsteigerInnen, Berufs- bzw. ArbeitsplatzwechslerInnen, BerufsrückkehrerInnen und Personen, die vorübergehend im sozialen Bereich tätig sein wollen. Bei den Berufs- bzw. ArbeitsplatzwechslerInnen gehe ich zusätzlich davon aus, daß ihre freiwerdenden Stellen mit vergleichbaren Arbeitskräften besetzt werden, so daß an ihren alten Arbeitsplätzen weder zusätzliche Kosten noch zusätzliche Mehreinnahmen oder Minderausgaben entstehen, d.h. z.B. gleiche Beiträge zu den Sozialversicherungen sowie gleiches Aufkommen an Lohnsteuer und indirekten Steuern; auch die Möglichkeit, daß dort zusätzlich Arbeitslose eingestellt werden könnten, soll hier nicht berücksichtigt werden.
  • Bei der Berechnung der Minderausgaben bzw. Mehreinnahmen im Zusammenhang mit der Beschäftigung Arbeitsloser stütze ich mich im Wesentlichen auf eine Untersuchung von Hans-Uwe Bach und Eugen Spitznagel zu den finanziellen Auswirkungen der „Allgemeinen Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung" (ABM) für das Jahr 1991, deren Ergebnisse unter dem Titel „Arbeitsmarktpolitische Maßnahmen - Entlastungswirkungen und Budgeteffekte" veröffentlicht wurden.65) Dabei gehe ich vereinfachend davon aus, daß die Struktur der Gruppe der Arbeitslosen, die die Hälfte der neu zu schaffenden Stellen im sozialen Bereich besetzen würden, der Struktur derjenigen Gruppe entspricht, die 1991 eine ABM-Stelle innehatten. Unter „gleicher Struktur" verstehe ich dabei im Wesentlichen gleiche prozentuale Verteilung bezüglich des Empfangs von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe und Wohngeld (vor Antritt der ABM-Stelle) sowie durchschnittlich gleiche Höhe dieser Bezüge, wobei ich westliche und östliche Bundesländer getrennt betrachte. Diese Annahme wirkt sich in mehrerer Hinsicht deutlich mindernd auf die zu berechnenden Einsparungseffekte aus:
  • da ABM-Stellen (zumindest in den alten Bundesländern) in erster Linie mit Langzeitarbeitslosen besetzt werden, liegt der prozentuale Anteil der EmpfängerInnen von Arbeitslosenhilfe besonders hoch, so daß die Einstellung dieses Personenkreises (über ABM oder neue Stellen im sozialen Bereich) vor allem Arbeitslosenhilfe-Zahlungen einspart, deren Satz niedriger ist als der des Arbeitslosengeldes; - es ist davon auszugehen, daß analog zu den monatlichen Durchschnittssätzen des Arbeitslosengeldes und der Arbeitslosenhilfe auch die Sätze des betroffenen Personenkreises seit 1991 deutlich gestiegen sind;66)
  • während ich bei der dargelegten Kostenberechnung von „West-Löhnen" auch in den östlichen Bundesländern ausgegangen bin, lege ich bei der Berechnung der Einsparungen bezüglich Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe und Wohngeld in den östlichen Bundesländern die dort gezahlten durchschnittlichen Beträge (von 1991!) zugrunde, die deutlich niedriger sind als die in den westlichen Bundesländern.67)
  • Da in die Berechnung der Kosten westdeutsche Löhne und Vergütungen eingeflossen sind und auch die dort berücksichtigten Beiträge zur Sozialversicherung auf dieser Grundlage ermittelt wurden, gehe ich bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge ebenfalls von den berechneten Löhnen und Vergütungen auf „West-Niveau" aus.
  • Bei den Mehreinnahmen von Bund, Ländern und Gemeinden bei der Lohnsteuer und den indirekten Steuern lege ich für alle neueinzustellenden Arbeitskräfte die verhältnismäßig niedrigen Beträge von Hans-Uwe Bach und Eugen Spitznagel für die ABM-Arbeitskräfte des Jahres 1991 zugrunde69), wodurch auch diese Abschätzung eher zu niedrig ausfällt. Da ich bei der Berechnung der Kosten von westdeutschen Löhnen und Vergütungen für alle neuzuschaffenden Stellen im sozialen Bereich ausgegangen bin, halte ich mich bei den Steuer-Mehreinnahmen ebenfalls durchgehend an die Schätzungen von Bach und Spitznagel für die westlichen Bundesländer, die für die Lohnsteuer bei 5.910 Mark und für die indirekten Steuern bei 1.680 Mark pro Jahr liegen.69)
  • Durch die Schaffung neuer, tariflich bezahlter Stellen kommt es in der Regel zu Multiplikatorwirkungen, z.B. zur Entstehung zusätzlicher Arbeitsplätze aufgrund der erhöhten Kaufkraft. Bach und Spitznagel bezeichnen diese (im Zusammenhang mit der Einrichtung von ABM-Stellen) als „indirekte Effekte" und schätzen sie auf bis zu 40%, d.h. bei 90.000 neuzuschaffenden Arbeitsplätzen würde ein zusätzlicher Beschäftigungseffekt für weitere 36.000 Personen entstehen - wiederum verbunden mit entsprechenden Mehreinnahmen und Einsparungen.70) Diese „indirekten Effekte" erscheinen mir jedoch sehr schwer zufriedenstellend abzuschätzen, weshalb ich sie bei meiner eher vorsichtig angelegten Berechnung nicht berücksichtigen werde.

Einsparungen und Mehreinnahmen

Unter den oben erwähnten Annahmen ergeben sich durch die Schaffung von gut 90.000 neuen Arbeitsplätzen im sozialen Bereich bei Wegfall des Zivildienstes folgende Einsparungen bzw. Mehreinnahmen:

  • Die Sozialversicherungen erhalten von den 90.081 neueinzustellenden Arbeitskräften Beiträge in Höhe von 1,5304 Milliarden Mark (ArbeitgeberInnen- und ArbeitnehmerInnenanteil zusammen). Von diesem Betrag müssen allerdings noch die Beiträge abgezogen werden, die das BAZ zur Zeit für die ZDL an die Sozialversicherungen zahlt, da diese bei Wegfall des Zivildienstes ausbleiben71); der Haushaltsansatz des BAZ für 1993 sieht dafür 738,3 Millionen Mark vor.72) Darüberhinaus entfallen die Beiträge zu den Sozialversicherungen der Bundesanstalt für Arbeit für die BezieherInnen von Arbeitslosengeld und die des Bundes für die BezieherInnen von Arbeitslosenhilfe unter den neu einzustellenden gut 45.000 Arbeitslosen. Da diese Mindereinnahmen der Sozialversicherungen jedoch gleichzeitig Einsparungen in gleicher Höhe bei der Bundesanstalt für Arbeit bzw. dem Bund bedeuten und ich nicht detailliert abschätzen möchte, in welchem Einzeletat welche Einsparungen bzw. Mehreinnahmen zu verbuchen sind, ist eine nähere Abschätzung dieser Beträge hier nicht weiter erforderlich.73) Der verbleibende Betrag in Höhe von 792,1 Millionen Mark ist daher unter den zuvor gemachten Annahmen eine vorsichtige Abschätzung der Mehreinnahmen der Sozialversicherungen zuzüglich der Einsparungen der Bundesanstalt für Arbeit und des Bundes an Sozialversicherungsbeiträgen für Arbeitslose für den Fall der Ersetzung ZDL durch tariflich bezahlte Arbeitskräfte.
  • Bund, Länder und Gemeinden könnten durch die Neuschaffung von gut 90.000 Arbeitsplätzen im sozialen Bereich unter den gemachten Annahmen bei der Lohnsteuer und den indirekten Steuern mit Mehreinnahmen in Höhe von insgesamt 683,7 Millionen Mark rechnen.74)
  • Die Beschäftigung von gut 45.000 Arbeitslosen brächte unter den gemachten Annahmen jährliche Einsparungen bei den Zahlungen von Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe, Sozialhilfe und Wohngeld in Höhe von 479 Millionen Mark.

Gegenüberstellung der Ergebnisse

Im Folgenden zuerst einmal eine Zusammenstellung der unter den gemachten Annahmen erzielten Abschätzungen:

Kosten
Einsatz tariflich bezahlter Kräfte
Einsparungen/Mehreinnahmen
Etat des BAZ
Zusätzliche Ausgaben der Dienststellen
Mehreinnahmen der Sozialversicherungen
Mehreinnahmen an Steuern

.
4,793 Mrd. DM
.
2,104 Mrd. DM
+ 0,808 Mrd. DM
+ 0,792 Mrd. DM
+ 0,683 Mrd. DM
Einsparungen und Mehreinnahmen
ohne die Beschäftigung Arbeitsloser

Einsparungen Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe,
Sozialhilfe, Wohngeld


= 4,387 Mrd. DM
.
+ 0,479 Mrd. DM
Einsparungen und Mehreinnahmen
einschließlich der Beschäftigung Arbeitsloser

= 4,866 Mrd. DM

Die Gegenüberstellung von Kosten und Einsparungen bzw. Mehreinnahmen verdeutlicht, daß selbst ohne die Beschäftigung eines einzigen Arbeitslosen die Ersetzung der ZDL durch tariflich bezahlte Kräfte - unter Berücksichtigung der übrigen gemachten Annahmen - lediglich gut 400 Millionen Mark zusätzlich kosten würde, während sich Kosten und Einsparungen bzw. Mehreinnahmen sogar in etwa die Waage halten, wenn man davon ausgeht, daß von den gut 90.000 neu zu schaffenden Stellen ca. 45.000 mit Arbeitslosen besetzt werden.75) Nicht berücksichtigt bei dieser Abschätzung wurden neben den „indirekten Effekten" und Faktoren wie dem Anteil des Zivildienstes an den „Regiekosten" der Wehrpflicht unter anderem auch externe Kosten wie z.B. die Einkommensverluste der ZDL. Kuhlmann und Lippert sprechen von einer „doppelten Natural-Steuer"76) der Wehrpflichtigen: zum einen müssen sie ihre berufliche Entwicklung um 12 bis 15 Monate verschieben, was in der Regel zu relativen Verlusten in ihrem gesamten zukünftigen Einkommen führt, zum anderen erleiden sie gerade während ihrer Dienstzeit immense Einkommensverluste im Vergleich zu einer möglichen zivilen Tätigkeit. Bernd Wilz, Parlamentarischer Staatssekretär im BMVg, dazu: „Die Einkommensverluste aller einberufenen Wehrpflichtigen pro Jahr sind dem Bundesminister der Verteidigung nicht bekannt. ... Im übrigen erleiden grundwehrdienstleistende Soldaten im Regelfall keine Einkommensverluste, da die Bundeswehr für die durch die Einberufung bedingten finanziellen Einbußen nach Maßgabe der rechtlichen Bestimmungen eintritt."77)

Kuhlmann und Lippert dagegen schätzen die Einkommensverluste eines Wehrpflichtigen während seiner Dienstzeit pro Jahr auf 14.000 Mark (für 1990)78), Ulrich Finckh beziffert sie aktuell auf mindestens 20.000 Mark jährlich.79) Überträgt man diese Zahl auf ZDL, so erhält man einen Betrag von über 2 Milliarden Mark jährlich. Kuhlmann und Lippert weisen auf weitere externe Kosten der Wehrpflicht hin. So kommt es zu einer Fehlallokation von Arbeit, da die Wehr- und Zivildienstleistenden dem allgemeinen Arbeitsmarkt entzogen sind. Sie können selbst von produktiveren „Betrieben" nicht abgeworben werden, so daß eine optimalere Aufteilung des Arbeitskräfteangebotes verhindert wird.80) Darüberhinaus führt der niedrige Sold, der in keiner Weise Knappheit widerspiegelt, vielfach zu Verschwendung von Arbeitskraft (dies gilt vor allem für das Militär).81) Eine nähere Bezifferung dieser externen Kosten scheint mir jedoch nicht möglich.82)

Da die Kosten im Falle der Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht mit denen des Zivildienstes in etwa vergleichbar sind, ist die gesamte Abschätzung auch auf einen solchen Pflichtdienst übertragbar.

Als Ergebnis bleibt festzuhalten, daß die weitverbreitete Annahme, ZDL seien billige Arbeitskräfte und der jetzige „soziale Standard" sei ohne sie bzw. andere vermeintlich billige, zwangsverpflichtete Arbeitskräfte nur mit immensem finanziellen Mehraufwand haltbar, einer sehr engen, betriebswirtschaftlich ausgerichteten Sichtweise entspringt. Bei Einbeziehung gesamtwirtschaftlicher Überlegungen hingegen scheint der Verzicht auf den Zivildienst sehr wohl ohne Abstriche bei den Leistungen im sozialen Bereich möglich zu sein. Voraussetzung dafür wäre allerdings eine „Umschichtung" der Einsparungen und Mehreinnahmen zugunsten der KostenträgerInnen wie z.B. den Krankenversicherungen und Sozialämtern.83)

Konsequenzen für den Sozialbereich

Das vorangegangene Kapitel hat gezeigt, daß es aus finanzieller Sicht keinen Grund gibt, die ZDL nicht durch tariflich bezahlte Arbeitskräfte zu ersetzen - zumindest unter den dort getroffenen Annahmen. In Einzelfällen wird dies bereits heute schon versucht, so z.B. im Zentralkrankenhaus Bremen-Ost auf Betreiben des Personalrats84) und beim Sozialen Friedensdienst (SFD) in Bremen: „Es ist jetzt überall angebracht, diesen Dienst auf eine andere personelle und finanzielle Basis zu stellen. An dieser „Konversion" arbeiten wir mit allen anderen ISB-Trägern in Bremen!"85) Ob diese Ersetzung in der Praxis jedoch auch „im großen Stil" bei Wegfall des Zivildienstes ohne weiteres möglich wäre - selbst bei gesicherter Finanzierung -, darüber gehen die Meinungen auseinander. Während z.B. Christoph Hoppensack, Bremens Staatsrat für Soziales, Heiner Geißler und Markus Ermert keine Probleme sehen, die neu zu schaffenden Arbeitsplätze zu besetzen86), wird dies von anderer Seite, wie z.B. von einigen Wohlfahrtsverbänden, in Zweifel gezogen.87) Bei der Bundesanstalt für Arbeit dagegen gibt es bislang keinerlei Überlegungen zu den arbeitsmarktpolitischen Auswirkungen bei Wegfall des Zivildienstes.88)

Ein Blick auf die Arbeitslosenzahlen zeigt zunächst, daß in den betroffenen kranken- und sozialpflegerischen Berufen Ende September letzten Jahres 76.655 Arbeitslose offiziell registriert waren.89) Diese Zahl hat jedoch nur eine beschränkte Aussagekraft: Erstens sind in ihr auch Arbeitslose enthalten, die lediglich eine Teilzeitanstellung suchen; zweitens sagt sie nichts über die lokale Verteilung aus; drittens ist daraus nicht abzulesen, ob diese Arbeitslosen die neu zu schaffenden Stellen im einzelnen annehmen würden; viertens enthält sie nur die offiziell registrierten Arbeitslosen, d.h. Arbeitslose, die sich nicht mehr beim Arbeitsamt melden, weil sie keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld oder -hilfe haben, sind in dieser Zahl nicht enthalten; und fünftens sind in dieser Zahl viele ebenfalls in Frage kommende Gruppen überhaupt noch nicht enthalten, wie z.B. Arbeitslose in handwerklichen, gärtnerischen, landwirtschaftlichen, kaufmännischen, verwaltungstechnischen, Hausmeister-, Pförtner- und Kraftfahr-Berufen sowie ungelernte Arbeitslose.

Mir scheint daher die sehr vorsichtige Äußerung des ÖTV-Hauptvorstandes zu dem Problem der Ersetzung ZDL durch hauptamtliche Arbeitskräfte sehr treffend: „Diese Frage ist pauschal nicht zu beantworten, sondern ist jeweils auf den regionalen Arbeitsmarkt zu prüfen. Bei der derzeitigen Tendenz in der Entwicklung der Arbeitsmarkt- und Beschäftigungspolitik ist ein Trend erkennbar, daß wahrscheinlich genügend Arbeitssuchende zur Verfügung stehen. Darüber, ob sie denn aufgrund von Eignung, Vorbildung oder Bereitschaft in die Arbeitsfelder von ZDL eintreten würden, ist jede Aussage jedoch spekulativ."90)

Einigkeit herrscht dagegen weitgehend in der Forderung, daß die Tätigkeiten im sozialen Bereich attraktiver gestaltet werden müssen. Dies gilt bereits jetzt, angesichts des vielzitierten „Pflegenotstandes", wäre aber wohl erst recht erforderlich, wollte man bei Wegfall des Zivildienstes ca. 90.000 Arbeitsplätze im sozialen Bereich neu besetzen. Ulrich Finckh prophezeit, daß gerade der Wegfall des Zivildienstes den großen Nachholbedarf der Sozialberufe offenbaren würde91), da der Zivildienst vielerorts die Probleme im sozialen Bereich zur Zeit lediglich verdekken hilft, wenn er diese nicht sogar selbst (mit-) verursacht hat. Zur notwendigen Attraktivitätssteigerung werden dabei unterschiedliche Vorschläge gemacht, wie z.B. höhere Löhne, Anhebung der Personalschlüssel im Pflege- und Betreuungsbereich sowie flexiblere Arbeitszeitregelungen und Wiedereinrichtung von Betriebskindergärten, um familiäre und berufliche Belange besser miteinander vereinbaren zu können.92) Eher abstrakt wird darüber hinaus vielfach eine gesellschaftliche Aufwertung sozialer Tätigkeiten gefordert.93) Wie diese jedoch über den in unserer Gesellschaft üblichen Weg der höheren Bezahlung hinaus erreicht werden kann, bleibt zumeist unbeantwortet.

Dieser Beitrag ist ein redaktionell bearbeiteter Auszug aus der sozialwissenschaftlichen Staatsexamensarbeit von Dietmar von Boetticher. Die Arbeit wurde unter dem Titel „Zivildienst und sozialer Bereich. Die Bedeutung des Zivildienstes für den sozialen Bereich und die Suche nach möglichen Alternativen vor dem Hintergrund der aktuellen Diskussion um die Allgemeine Wehrpflicht" im November 1993 an der Uni Bonn eingereicht. Die gesamte, 120 Seiten umfassende Arbeit ist zum Preis von 20 Mark erhältlich bei Dietmar von Boetticher, Heerstraße 205, 53111 Bonn, Telefon 0228/651215.

Anmerkungen

1) „Professionelle Kräfte an Stelle von ZDL wären nicht mehr zu finanzieren." Kuhlmann/Lippert: KDV und Zivildienst in der Bundesrepublik Deutschland, April 1991, S. 17 (SoWI-Arbeitspapier Nr. 49); vgl. auch DRK-Generalsekretariat: Brief an den Verf. v. 13.07.1993; vgl. Dt. Krankenhausgesellschaft; Brief an den Verf. v. 23.06.1993; vgl. AWO-Pressedienst 2/93 v. 17.02.1993, S. 1; vgl. Asendorpf: Zivildienst ist Zwangsarbeit, in: taz v. 07.10.1993, S. 3

2) „Und manche Verbände machen daraus sogar noch ein Geschäft: bis zu 20.000 DM lassen sich mit einem ZDL im Jahr verdienen." DFG-VK/SOdZDL: Was gibt es Schöneres, als anderen Menschen zu helfen?, 1989, S. 209; vgl. ebd., S. 33; vgl. Kuhlmann/Lippert, a.a.O., S. 19; vgl. „Spiegel" 6/93 v. 08.02.1993, S. 40 („Wehrpflicht am Ende"); Erwiderung auf Vorwürfe, „Millionenerträge" an ZDL zu verdienen, vgl. AWO-Pressedienst, a.a.O., S. 1; vgl. dazu auch Müller (Bundesgeschäftsführer des ASB), Zivildienst, in: „Zeit" 29/92 v. 18.09.1992; und vgl. Hackler in „Der Zivildienst" 4/93, S. 1; zu Verhandlungen der Dienststellen mit den Kostenträgern vgl. Stachowski in Janning u.a.: Kriegs-/Ersatzdienstverweigerung in Ost und West, Essen 1990, S. 172; und ausführlich dazu vgl. Lorenz, ebd., S. 160 ff.

3) Auch das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesanstalt für Arbeit in Nürnberg mußte bei meiner Anfrage nach einer individuellen Literaturrecherche zum Thema „Ersetzung von ZDL durch tariflich bezahlte Arbeitskräfte im sozialen Bereich" (die sich auch auf geplante, laufende und abgeschlossene Forschungsvorhaben erstreckte) passen: „Zu Ihrem Thema liegen uns leider keine Literaturhinweise vor." Brief des o.g. Instituts an den Verf. v. 21.07.1993

4) Vgl. Blandow in: Schierholz (Hrsg.): Zivildienst im Umbruch, Rehburg-Loccum, 2. Aufl. 1989, S. 74

5) Vgl. Kraus: Zur volkswirtschaftlichen Bedeutung des Zivildienstes, Darmstadt, März 1988, S. 19-56

6) Vgl. Blandow, a.a.O., S. 74; Vgl. Kraus, a.a.O., S. 54; 1987 waren im Jahresdurchschnitt 70.533 ZDL beschäftigt, vgl. BAZ, Daten und Fakten, Köln 1990, S. 31

7) Blandows Funktionsbereiche sind dabei nicht identisch mit den „offiziellen" Zivildienst-Tätigkeitsbereichen

8) Multiplikation mit 100; von der Untersuchung in Bremen waren 669 ZDL betroffen, im gesamten Bundesgebiet waren im Durchschnitt 70.533 ZDL beschäftigt, vgl. Blandow, a.a.O., S. 62 bzw. vgl. BAZ, a.a.O., S. 31

9) Vgl. Blandow, a.a.O., S. 60

10) Blandow geht von der offiziellen Wochenarbeitszeit von 40 Stunden aus (1987)

11) Auf einer Tagung in Bremen am 06.10.1993 zum möglichen Wegfall des Zivildienstes präsentierte Blandow neuere Zahlen: er schätzt die Kosten auf 30.000 DM pro ZDL und Jahr sowie die Kosten pro hauptamtlicher Arbeitskraft im Sozialbereich auf 40.000 DM jährlich, was einen volkswirtschaftlichen Mehraufwand von insgesamt rund einer Milliarde DM bei kompletter Ersetzung ZDL durch tariflich bezahltes Personal ergäbe; vgl. Asendorpf, a.a.O.

12) „Prinzipiell verfolgt diese Arbeit das Ziel, keine beschönigenden Größen zu ermitteln. Deshalb werden nicht eindeutig nachvollziehbare bzw. nicht zuordenbare Größen (im Sinne einer eher vorsichtigen Abschätzung) vernachlässigt, wenn sie bei Berücksichtigung einen eher zu hohen Wert der durch den Zivildienst geleisteten Arbeit bewirken dürften. Wertsenkende Faktoren sollen dagegen eher zu stark erfaßt werden.", Kraus, a.a.O., S. 21, vgl. auch ebd. S. 35

13) Vgl. Begründung der Fraktion DIE GRÜNEN im Dt. Bundestag zu ihrem Antrag vom 29.03.1990 zur Abschaffung der Wehrpflicht, in: Janning, a.a.O., S. 114 f.; vgl. Zentralstelle KDV, Rundbrief v. 20.06.1991, S. 4; vgl. Ermert, in: „tilt" Nr. 4/92, S. 11; Kuhlmann und Lippert interpretieren diesen Geldwert gar als „Netto-Gewinn", der durch die ZDL erwirtschaftet wird (a.a.O., S. 21)

14) Vgl. Kraus, a.a.O., S. 1, 20 und 93

15) Kraus, a.a.O., S. 20; „Die Untergrenze soll ... eine in jedem Fall glaubwürdige Quantifizierung zivildienstlichen 'Nutzens' sein.", Kraus, a.a.O., S. 35

16) Vgl. Kraus, a.a.O., S. 35

17) Vgl. ebd., S. 36

18) Ebd., S. 36; auf letztere Feststellung gehe ich im Zusammenhang mit der Wahl meiner Bewertungskriterien näher ein

19) Vgl. ebd., S. 36

20) Vgl. ebd., S. 35; die bereits erwähnten 2,246 Mrd. DM beziehen sich dabei auf diesen Orientierungspunkt, zum Vergleich: 2,147 Mrd. DM (Untergrenze), 2,328 Mrd. DM (Obergrenze), vgl. ebd., S. 54, Fn 1

21) Vgl. ebd., S. 18; solche „Doppelbelegungen" eines ZDP sind bis zu einer Dauer von 3 Monaten erlaubt, so waren z.B. am 15.10.1992 auf 101.860 ZDP 117.701 ZDL tätig, d.h. 15.841 ZDP waren doppelt besetzt; offiziell soll durch diese „Überlappung" ein ZDL vor seinem Dienstende seinen Nachfolger noch einarbeiten können; oft ist in dieser Zeit aber einer der beiden gar nicht anwesend, sondern besucht den Einführungslehrgang oder hat seinen gesamten Urlaub bis zum Ende der Dienstzeit aufgespart

22) Vgl. ebd., S. 21 f., S. 35 und Anhang, Berechnung 1; dies entspricht bei Angestellten und ArbeiterInnen im öffentlichen Dienst einer Einordnung in die Lohn- bzw. Vergütungsstufe 1, vgl. Vergütungs- und Lohntabellen für den öffentlichen Dienst. Ausgabe 01.01.1993, Neuwied

23) Vgl. Kraus, a.a.O., S. 31 f.

24) Vgl. ebd., S. 23, 35 und Anhang, Tabellen 3 und 4

25) Vgl. ebd., S. 24 ff., 33 und Anhang, Berechnung 2

26) Vgl. ebd., S. 27 ff., 34 und 87; weitere Annahmen bzw. Einschränkungen, die mir hier jedoch nicht weiter erwähnenswert erscheinen, siehe ebd., S. 22 f.

27) Auf der Grundlage von Tätigkeitsbeschreibungen des BAZ und Sonderzusammenstellungen der ÖTV zu Tätigkeitsmerkmalen in den einzelnen Lohn- bzw. Vergütungsgruppen; vgl. im einzelnen Kraus, a.a.O., S. 37-52

28) Ausführliche Berechnungen dazu vgl. Kraus, a.a.O., Anhang, Tabellen 5-7; eine Übersicht über die berechneten Werte findet sich ebd., S. 52; zur Mittelwertbildung bei Zuordnung eines Tätigkeitsbereiches zu zwei oder drei verschiedenen Vergütungs- bzw. Lohngruppen vgl. ebd., S. 37

29) Dabei gehe ich wie Kraus bei den ZDL von 21jährigen, ledigen und kinderlosen Berufsanfängern aus, die nach Lohn- bzw. Vergütungsgruppe 1 voll entlohnt bzw. vergütet werden

30) Entspricht bei Angestellten und ArbeiterInnen im öffentlichen Dienst einer Einordnung in die Lohn- bzw. Vergütungsgruppe 3, vgl. Vergütungs- und Lohntabellen (Anm. 22), S. 113

31) Vgl. Kraus, a.a.O., S 24 f.

32) Telefonische Auskunft von Löhle, BAZ, am 20.09.1993

33) Vgl. dazu auch Kraus, a.a.O., S. 25, 33, Fn 3 und Anhang, Berechnung 2

34) Wodurch die Kosten wiederum eher zu hoch abgeschätzt werden

35) Gültig ab 01.01.1993 bis 31.12.1993; vgl. ÖTV-Hauptvorstand, Faltbroschüren zu Vergütungen 1993 für die Angestellten des Bundes, der Länder und der Gemeinden und für das Pflegepersonal sowie die Monatslohntabelle 1993 für Arbeiterinnen und Arbeiter im öffentlichen Dienst

36) Zu diesem Zeitpunkt waren insgesamt 100.107 ZDP belegt, vgl. BAZ, ZDP nach Bundesländern, Stand: 15.05.1993; es sei darauf hingewiesen, daß diese Zahl nicht der durchschnittlichen Anzahl der besetzten ZDP für 1993 entsprechen muß; zum Vergleich: in den Jahren 1984 bis 1989 z.B. war die Anzahl der ZDL im Mai jeweils um ca. 4.000 niedriger als die des Jahresdurchschnitts, vgl. BAZ, Daten und Fakten, Köln 1990, S. 31

37) Am 15.05.1993 waren 61.253 ZDP unbesetzt, vgl. BAZ, ZDP nach Bundesländern

38) „Tätigkeitsfelder wie Mobile Soziale Hilfsdienste (MSHD) und Individuelle Schwerstbehindertenbetreuung (ISB), die erst durch den Einsatz von ZDL aufgebaut werden konnten, könnten wegen der starken Personal- und damit Kostenintensität nicht weitergeführt werden. Ein Einsatz von Hauptamtlichen wäre hier nicht finanzierbar. - Im Tätigkeitsfeld Rettungsdienst (dagegen) müßte der Wegfall von Zivildienstplätzen mit dem Einsatz von Hauptamtlichen kompensiert werden.", DRK-Generalsekretariat, Brief v. 13.07.1993 an den Verf.

39) Vgl. z.B. DRK-Generalsekretariat (Anm. 38)

40) Vgl. Ermert in „tilt" Nr. 4/92, S. 11; vgl. Malteser Hilfsdienst, Schreiben des Referatsleiters Zivildienst im Generalsekretariat v. 28.06.1993 an den Verf.; in etwa auch das gleiche Verhältnis vgl. auch Zentralstelle KDV, Rundbrief v. 20.06.1991, S. 4

41) Der Versorgungsstandard im sozialen Bereich dürfte in diesem theoretisch betrachteten Fall sogar deutlich höher liegen, da in die Berechnung der „Ersatz-Kosten" z.T. voll ausgebildete Arbeitskräfte eingingen

42) Vgl. BT-Drs. 12/2432, S. 40; vgl. BAZ, Brief v. 12.08.1993 an den Verf.; einige Einzelposten vgl. „Der Zivildienst", Sonderdruck: Ziviler Dienst im Zeichen der Hilfe am Nächsten, Sept. 1992, S. 7

43) Vgl. Schreiben des BMFJ v. 02.08.1993 an den Verf.

44) 2,30 DM pro Kalendertag, also ca. 69 DM pro Monat bzw. 839,50 DM jährlich pro ZDL; vgl. „Der Zivildienst"-Sonderdruck (Anm. 42), S. 7

45) Vgl. „Der Zivildienst"-Sonderdruck (Anm. 42), S. 7

46) Offiziell waren am 15.02.1993 von den insgesamt 160.069 bestehenden ZDP 91.563 mit einer Dienstunterkunft für den ZDL ausgestattet, von denen wiederum 3.234 mit Bundesmitteln gefördert wurden, vgl. BAZ, Tischvorlage für die Beiratssitzung am 04.03.1993

47) „Der Zivildienst kostet Geld, weil die Begleitung und die dafür bereitgestellten Ressourcen Geld kosten.", Janning in: Dt. Caritasverband (Hrsg.): Zivildienst in der Sackgasse. Freiburg i. Br. 1993, S. 122; „Die Kosten für die Beschäftigung eines ZDL sind so anzusetzen, daß die zusätzlich erforderlichen Gelder für den Unterricht und das für die Begleitung notwendige Personal zu finanzieren sind.", Brandt in: Kirchenamt der EKD/Diak. Werk der EKD (Hrsg.): Der staatliche Zivildienst als Herausforderung für kirchlich-diakonische Einrichtungen, Stuttgart 1990, S. 13; „Mit der wachsenden Zahl der ZDL wurde für Einführung und Begleitung mehr Geld aufgewandt. Von dem Ziel aber, ein den Anforderungen genügendes, umfassendes Programm bereitzuhalten, das jedem ZDL während seiner Dienstzeit Einweisung, Einführung und Begleitung garantiert, sind Staat und Verbände noch weit entfernt.", ebd. S. 26; vgl. auch ebd. S. 21, 23 ff. und 26

48) Vgl. Eipperle in: Dt. Caritasverband (Anm. 47), S. 17; vgl. Schreiben des BAZ v. 03.08.1993 an den Verf.; insgesamt beliefen sich diese Zuschüsse 1992 auf 164,4 Mio. DM, 1993 sind dafür nur noch 148,6 Mio. DM veranschlagt, vgl. Schreiben des BAZ v. 16.06.1993 an den Verf.

49) Vgl. Schreiben des BAZ v. 03.08.1993 an den Verf.; zur Größenordnung: am 15.10.1992 waren im MSHD in den „alten" Bundesländern 13.849 ZDL (= knapp 12% aller ZDL) beschäftigt, vgl. BAZ, Tischvorlage für die Beiratssitzung am 05.11.1992; für den MSHD der AWO in Bonn-Bad Godesberg z.B., der 20 ZDL beschäftigt, bedeutet diese Kürzung spätestens ab 01.10.1994 Mehrkosten von 80.000 DM jährlich und für das Diak. Werk Württemberg rechnet dessen Pressesprecher Ruf für 1994 mit Mehrkosten von ca. 3,5 Mio. DM, für 1995 sogar mit rd. 7 Mio. DM, vgl. Pörzgen: Die Bundesregierung will beim Zivildienst zehn Prozent sparen, in: FR v. 23.07.1993, S. 1

50) Vgl. Schreiben des BAZ v. 12.08.1993 an den Verf.

51) Vgl. Schreiben des BMFJ v. 02.08.1993 an den Verf.

52) Vgl. Pörzgen (Anm. 49)

53) (Stand: Juli 1993) vgl. Schreiben des BAZ v. 03.08.1993 an den Verf.; ich lege hier die Zahl der ZDL zugrunde, da die betreffenden Kosten nicht je besetztem ZDP, sondern je beschäftigtem ZDL anfallen

54) Dazu gehören KDV-Anträge von Wehrpflichtigen mit Einberufungsbescheid bzw. Vorbenachrichtigung, von Soldaten und Reservisten sowie sog. „Zweitanträge" nach Ablehnung eines vorangegangenen Antrages; bei den Geburtsjahrgängen 1968 bis 1970 lag die Anzahl der betroffenen Personen jeweils bei über 13.000; vgl. Schreiben des BMVg vom 18.08.1993 an den Verf.

55) So haben lt. offizieller Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der PDS-Abg. Lederer (BT-Drs. 12/5256) von 1980 bis Juni 1993 bereits 294 anerkannte KDV des Zivildienst überhaupt nicht angetreten (ohne Zeugen Jehovas); darüberhinaus gab es seit dem 01.01.1991 insgesamt 1.830 Strafverfahren gegen ZDL wg. Dienstflucht oder eig. Abwesenheit und allein vom 01.10.1992 bis zum 31.05.1993 haben 968 Wehrpflichtige, die zum Grundwehrdienst einberufen worden waren, diesen nicht angetreten; vgl. Hildebrand: „Sogenannte Totalverweigerer", in: „tilt" Nr. 3/93, S. 17

56) Vgl. Schreiben des PSt Wilz an MdB Elmer v. 27.04.1992 bezüglich der Kosten und strukturellen Auswirkungen des Wehrpflichtsystems

57) Vgl. Schreiben des BMVg v. 18.08.1993 an den Verf

58) Wenn man die über 13.000 betroffenen Antragsteller pro Jahrgang zugrunde legt; vgl. das in Anm. 57 genannte Schreiben

59) Vgl. das in Anm. 57 genannte Schreiben

60) Meine Frage nach genauen Zahlen von Wehrpflichtigen pro Jahrgang wurde vom BMVg nicht beantwortet; vgl. das in Anm. 57 genannte Schreiben; allerdings wurde mir mit Schreiben v. 11.08.1993 mitgeteilt, daß die durchschnittliche Jahrgangsstärke im Westen in den 80er Jahren rund 480.000 Wehrpflichtige betrug, während ab 1995 nur noch mit durchschnittlich 378.000 in Ost und West zusammen zu rechnen sei

61) Eine denkbare Erklärung für diese beiden niedrigen Summen wäre, daß sie lediglich Sachkosten enthalten, während die Personalkosten in einem anderen Etat enthalten sind

62) Einschließlich Versorgungsleistungen durch die Versorgungsämter bei einer Zivildienstbeschädigung; vgl. Zentralstelle KDV, Rundbrief v. 20.06.1991, S. 4; vgl. auch Ermert in „tilt" Nr. 4/92, S. 10

63) Ausgehend von den 100.090 besetzten ZDP (ohne die „Spitzensportler", Stand: 15.05.1993, BAZ: ZDP nach Tätigkeitsgruppen und Spitzenverbänden) und der Annahme eines „Ersatz"-Verhältnisses von 10:9 (ZDP:Arbeitsplätze) ergeben sich exakt 90.081 neu zu schaffende Arbeitsplätze

64) Dieser Personenkreis dürfte vor allem in der Zeit unmittelbar nach Abschaffung/Aussetzung der Wehrpflicht eine wichtige Rolle bei der Besetzung dieser Arbeitsplätze spielen; so erhielten auch bei der recht kurzfristigen Verkürzung der Zivildienstzeit von 20 auf 15 Monate zum 30.09.1990 viele ausscheidende und ehemalige ZDL vorübergehend reguläre Arbeitsverträge, um den durch die gleichzeitige Entlassung von ca. 30.000 ZDL vielerorts entstandenen Personalengpaß zu überbrücken; beim SFD Bremen ist es bereits heute vielfach üblich, daß ZDL nach ihrem Ausscheiden - vorübergehend oder auch langfristig - ein tarifvertraglich geregeltes Arbeitsverhältnis beim SFD Bremen anschließen; vgl. Janning in: Dt. Caritasverband (Anm. 47), S. 123 f., 137; vgl. Finckh in: Zentralstelle KDV: Protokoll der MV v. 21.03.1992, S. 46; langfristig gesehen wird es im Falle des Wegfalls des Zivildienstes die Gruppe „ehemalige ZDL" jedoch logischerweise nicht mehr geben

65) In: Brinkmann/Schober (Hrsg.): Erwerbsarbeit und Arbeitslosigkeit im Zeichen des Strukturwandels. 1992, S. 207-227; im folgenden zit. als „Bach/Spitznagel"

66) Zum Vergleich: Der monatliche Durchschnittssatz im gesamten Bundesgebiet für Arbeitslosengeld stieg allein von 1991 bis 1992 von 1.376,68 DM auf 1.566,43 DM, der für Arbeitslosenhilfe von 1.193,28 DM auf 1.436 DM; vgl. Bach/Spitznagel, S. 220 f., und vgl. Bundesanstalt für Arbeit (Hrsg.): Amtliche Nachrichten der Bundesanstalt für Arbeit (ANBA), Nr. 2/93

67) Vgl. Bach/Spitznagel, S. 226

68) Vgl. ebd., S. 226

69) Vgl. ebd., S. 226

70) Vgl. ebd., S. 213, 224 f.

71) Als Bestandteil des Etats des BAZ ist dieser Betrag bereits als Einsparung bei Wegfall des Zivildienstes miteinbezogn

72) Telefonische Auskunft von Frau Matuszak vom BAZ am 06.10.1993

73) Vergleichbare durchschnittliche Einsparungen der Sozialversicherungsbeiträge der Bundesanstalt für Arbeit und des Bundes je ABM-Kraft für das Jahr 1991, vgl. Bach/Spitznagel, S. 226

74) Mehreinnahmen je Beschäftigtem und Jahr: bei der Lohnsteuer 5.910 DM, bei den indirekten Steuern 1.680 DM; vgl. Bach/Spitznagel, S. 226; bei 90.081 Beschäftigten ergibt dies besagte 683,7 Mio. DM

75) Dabei ist zu bedenken, daß ich die Einsparungen und Mehrausgaben betont vorsichtig abgeschätzt habe

76) Vgl. Kuhlmann/Lippert: Wehrpflicht Ade? München, Oktober 1992 (SoWI-Arbeitspapier Nr. 48), S. 18

77) Vgl. Schreiben des PSt Wilz (s. Anm. 56), S. 3 f.

78) Vgl. Kuhlmann/Lippert (S. Anm. 76), S. 20, Fn 65

79) Vgl. Finckh, in: „Wehrpflicht - oder was sonst?", Anhörung der SPD-Bundestagsfraktion, Bonn 1993

80) Vgl. Kuhlmann/Lippert (s. Anm. 76), S. 19

81) Vgl. ebd, S. 19; dort findet sich auch eine Auflistung vieler Beispiele von Arbeitskraftverschwendung beim Militär, vgl. ebd., Fn 62

82) Ermert versucht dies mit der vagen Abschätzung der externen Kosten der Wehrpflicht bezüglich des Zivildienstes auf einen „neun- bis zehnstelligen DM-Gegenwert", Ermert in „tilt", Nr. 4/92, S. 10

83) Hackler hält eine solche „Umverteilung" allerdings formalrechtlich für nicht möglich; vgl. Asendorpf in taz v. 07.10.1993, S. 3; ich möchte an dieser Stelle jedoch nicht näher auf rechtliche Überlegungen zu diesem Problem eingehen

84) Vgl. Lorenz, in: Janning (s. Anm. 2), S. 166 f.; vgl. Birke/friedrich: ZDL: Zwangsarbeiter im sozialen Kleid. In: „Vorgänge" Nr. 93, Mai 1988, S. 58-65; vgl. Asendorpf in taz v. 07.10.1993, S. 3

85) Janning, in: Dt. Caritasverband (s. Anm. 47), S. 123

86) „Zumindest in Bremen würde der Arbeitsmarkt die Ersetzung aller ZDL problemlos hergeben", Hoppensack, in: Asendorpf in taz v. 07.10.1993, S. 3; „Es gibt auf dem Arbeitsmarkt genügend Leute, die eine solche Aufgabe gegen eine ordentliche Bezahlung übernehmen würden.", Geißler, interviewt von Pokatzky, in: Janning (s. Anm. 2), S. 56; „Da der weitaus größte Teil der Zivi-Einsatzgebiete geringqualifizierte Tätigkeiten umfaßt, dürfte es keine Probleme bereiten, angesichts der hohen Arbeitslosenzahl die dann 90.000 zusätzlichen Arbeitsplätze auch zu besetzen", Ermert in „tilt" Nr. 4/92, S. 11

87) „In Teilbereichen mag es möglich sein, ZDL durch tariflich bezahlte Arbeitskräfte zu ersetzen. Dieser Teilbereich kann aber allenfalls mit 25% beziffert werden. Aber selbst hierfür stehen nicht genügend Arbeitssuchende zur Verfügung.", Schreiben des Referatsleiters Zivildienst im Generalsekretariat des Malteser Hilfsdienstes an den Verf. v. 28.06.1993; „Der Pflegenotstand, der bezogen auf die hauptamtlichen Kräfte schon lange da ist, würde noch sichtbarer werden. Hier steht man vor dem Problem, unabhängig vom Zivildienst genug hauptberufliche Pflegekräfte zu finden."; Schreiben des DRK-Generalsekretariats an den Verf. v. 13.07.1993

88) Vgl. Schreiben der Bundesanstalt für Arbeit an den Verf. v. 22.06.1993

89) Wobei der Anteil der Frauen an dieser Arbeitslosengruppe bei über 90% liegt

90) Schreiben des ÖTV-Hauptvorstandes an den Verf. v. 20.09.1993

91) Vgl. Finckh, in: Zentralstelle KDV: Protokoll der MV vom 21.03.1992, S. 49

92) Vgl. Krüger: Soziales Ehrenamt und veränderte Familienformen, in: Neue Praxis, Heft 3/91, S. 248; vgl. Finckh (s. Anm. 91), S. 49; vgl. Schreiben des AWO-Bundesverbandes an den Verf. v. 17.06.1993

93) Vgl. Krüger (s. Anm. 92), S. 247; vgl. Raichle: Bürgerpflicht, in: Neue Praxis, Heft 1/91, S. 266 f.

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