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3 Einberufungshindernisse

RL E 3
Abteilungsverfügung Nr. 0.76 vom 07.03.2006

3.1 Altersgrenze

Zivildienstpflichtige sind nach Vollendung der gesetzlichen Altersgrenzen (Abschnitt C 2.4) nicht einzuberufen.

3.2 Zivildienstunfähigkeit

Nach § 8 ZDG werden Zivildienstpflichtige von Amts wegen dauernd nicht herangezogen, wenn sie nicht zivildienstfähig sind.

3.3 Väter ohne Sorgerecht

Die Tatsache, das ein unverheirateter Zivildienstpflichtiger Vater ist und für sein Kind kein Sorgerecht hat, stellt grundsatzlich kein Einberufungshindernis dar. Diese Zivildienstpflichtigen sind aber heimatnah einzuberufen, soweit sie keine EKL vorlegen.

Bei unverheirateten Väter mit Sorgerecht ist nach E 4.6.4 zu verfahren.

Ihnen kann bei Vorliegen der Voraussetzungen auf Antrag Elternzeit gewährt werden. Entsprechende Anträge sind Referat II 1 zur Entscheidung zuzuleiten.

Ansonsten kann bei Härtefällen mit einer befristeten Zurückstellung nach § 11 Abs. 4 Nr. 1 b ZDG (vgl. E 5.6) geholfen werden.

3.4 Verurteilte Zivildienstverweigerer

3.4.1 Verweigerung mit Gewissensentscheidung

Zivildienstpflichtige, die den Zivildienst aus Gewissensgründen verweigern (i.d.R. Zeugen Jehovas) und wegen Dienstflucht aus diesen Gründen rechtskräftig verurteilt wurden oder bei denen das Strafverfahren durch richterlichen Einstellungsbe-schluss endgültig nach § 153a StPO eingestellt wurde (dies gilt nicht bei anderen Einstellungen), sind nicht einzuberufen oder zum Dienstantritt aufzufordern.

Dagegen werden wegen Dienstflucht bestrafte Zivildienstpflichtige, die den Zivildienst aus Gewissensgründen verweigern zum Dienstantritt aufgefordert bzw. erneut einberufen, wenn die Vollstreckung der Freiheitsstrafe mit der Auflage zur Bewährung ausgesetzt worden ist, noch Zivildienst zu leisten.

Das erkennende Gericht bzw. die zuständige Staatsanwaltschaft ist zu informieren, wenn der Zivildienstpflichtige trotz erneuter Dienstantrittsaufforderung oder Einberufung den Dienst nicht angetreten hat.

Wurde die Vollstreckung der Freiheitsstrafe ohne die Auflage, Zivildienst zu leisten, zur Bewährung ausgesetzt, sind diese Zivildienstpflichtigen nicht mehr einzuberufen oder zum Dienstantritt aufzufordern. Die Ableistung des Zivildienstes kann nämlich nicht mehr durchgesetzt werden, da sich nach Auffassung des Bundesverfassungsgerichts an "die Aussetzung einer gegen einen Zeugen Jehovas erkannten Freiheitsstrafe wegen Dienstflucht in der Regel nicht die Erwartung knüpfen lässt, der Verurteilte werde einer erneuten Einberufung Folge leisten" (Beschluss vom 30.06.1988-2 BvR 701/86). Aus diesem Grund darf in einem solchen Fall die Weigerung, den Dienst zu leisten, nicht zum Anlass genommen werden, die Strafaussetzung zu widerrufen.

3.4.2 Verweigerung ohne Gewissensentscheidung

Dieser Personenkreis ist grundsätzlich wieder einzuberufen bzw. zum Dienstantritt aufzufordern.

Ist der Zivildienstpflichtige wegen einer Zivildienststraftat (§§ 52, 53, 54 ZDG) zu einer Freiheitsstrafe von 7 Monaten oder mehr verurteilt worden, gelten die Regelungen unter RL M 2.13. entsprechend.

3.5 Jugend Vertreter, Betriebs- und Personalratsmitglieder

Zivildienstpflichtige die erstmals mitteilen, dass sie als Jugendvertreter, Betriebsratsmitglied oder Personalratsmitglied gewählt wurden, sind, falls sie keinen gegenteiligen Wunsch äußern, für die Dauer ihrer Amtsperiode nicht zum Zivildienst heranzuziehen.

Ein bereits ergangener Einberufungsbescheid ist zu widerrufen.

Die Regelung ist auch auf entsprechende Wahlkandidaten anzuwenden, damit verhindert wird, dass als Kandidaten nominierte Zivildienstpflichtige kurz vor der Wahl wegen der Einberufung zum Zivildienst ausfallen. Eine gewisse Rechtsunsicherheit bei der Aufstellung von Kandidaten und Einreichung von Wahlvorschlagen wird dadurch vermieden.

Voraussetzung für die Nichtheranziehung ist, dass der Zivildienstpflichtige eine Bescheinigung der zuständigen Arbeitnehmervertretung vorlegt, mit der die Angaben bestätigt werden. Ist der Zivildienstpflichtige das einzige Mitglied der Jugendvertretung, des Betriebs- oder Personalrates, so ist eine entsprechende Bescheinigung des Betriebes oder der Behörde zu fordern.

Die Nichtheranziehung gilt nur für die Dauer der Amtszeit, für die der Zivildienstpflichtige erstmals seine Wahl angezeigt hat. Unerheblich ist, ob es sich um die erste oder eine weitere Amtszeit des Zivildienstpflichtigen in einer Jugendvertretung, einem Betriebs- oder Personalrat handelt. Nach Ablauf dieser Amtszeit steht eine erneute Wahl für eine Arbeitnehmervertretung der Einberufung nicht mehr entgegen.

Ausgenommen von dieser Regelung sind diejenigen Zivildienstpflichtigen, die während ihrer Amtszeit als Jugendvertreter, Betriebs- oder Personalratsmitglieder die für sie nach § 24 Abs. 1 ZDG maßgebliche Altersgrenze überschreiten.

Über die vorübergehende Nichtheranziehung zum Zivildienst und die Mitteilung des vorzeitigen Wegfalls der Gründe für die Nichtheranziehung sind die Zivildienstpflichtigen durch die Vorlage (Verfügungsmakro) II 1-127 zu unterrichten.

Eine UK-Stellung für das Amt in einer Arbeitnehmervertretung ist nicht möglich.

3.5.1 Jugend- und Mitarbeitervertretung in Kirchen und Wohl-fahrtsverbänden

Die Rechtsstellung der Jugendvertreter und Mitarbeitervertreter in der Evangelischen und Katholischen Kirche entspricht der Rechtsstellung der Jugendvertreter, Betriebs- und Personalrate nach dem Betriebsverfassungsgesetz bzw. Bundespersonalvertretungsgesetz.

Das gleiche gilt für die zivildienstpflichtigen Mitarbeitervertreter in den Wohlfahrtsverbänden Diakonisches Werk und Caritas,

Die Nichtheranziehung richtet sich nach E 3.5.

3.6 Zivildienstpflichtige mit besonderen Kostformen / Kleidungsvorschriften

3.6.1 Vegetarier

Für Vegetarier ergeben sich für ihre Behandlung weder nach dem materiellen Zivildienstrecht (=Zivildienstausnahmen) noch wegen der Ernährung Besonderheiten. Zwei Hauptgruppen von Vegetariern sind zu unterscheiden:

Streng-Vegetarier, die aus ethisch-religiösen Gründen den Genuss von Fleisch ablehnen,

gemäßigte Vegetarier, bei denen zumeist mystischweltanschauliche Gründe vorliegen.

Angehörige dieser Gruppen stellen vereinzelt Zurückstellungsanträge mit der Begründung, die Einnahme einer Normalkost sei für sie unzumutbar, so dass die Ableistung des Zivildienstes eine besondere Härte i.S.d. § 11 Abs. 4 Satz 1 ZOG darstelle; derartigen Anträgen kann nicht stattgegeben werden.

Die Berücksichtigung bestimmter Gewohnheiten oder Vorstellungen der Zivildienstpflichtige, etwa in Bezug auf Bekleidung, Schlaf, auf Freizeitgestaltung und alle denkbaren anderen üblichen abweichenden Einstellungen zu körperlichen oder geistigen Funktionen würden die Zurückstellungsgründe ins Uferlose erweitem.

Würden abweichende Ernährungsgewohnheiten als Zivildienstausnahme anerkannt, müssten auch besondere Vorstellungen hinsichtlich Bekleidung, Schlafgewohnheiten, Freizeitgestaltung und aller übrigen denkbaren persönlichen Überzeugungen eine entsprechende Berücksichtigung finden.

Durch die Pflicht zur Teilnahme an der Gemeinschaftsverpflegung wird das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit (Art. 2 Abs. 1 GG) nicht unzulässig beeinträchtigt. Im Zivildienstverhältnis unterliegt dieses Grundrecht besonderen Schranken, die sich aus den Verfassungsentscheidungen für die allgemeine Wehrpflicht ergeben, die im Falle der Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer durch die Ableistung des Zivildienstes erfüllt wäre. Dazu gehören auch die Regelungen im ZDG, die den Zivildienstleistenden auf dienstliche Anordnung verpflichten, in einer dienstlichen Unterkunft zu wohnen und an einer Gemeinschaftsverpflegung teilzunehmen (§ 31 ZDG).

3.6.2 Jüdische Zivildienstpflichtige

Jüdische Zivildienstpflichtige, die sich auf die strenge Einhaltung der für sie geltenden religiösen Vorschriften berufen, werden nicht einberufen (vgl. E 3.9.1). Ihnen ist eine Nichtheranziehungszusage auf Dauer zu erteilen.

3.6.3 Sikhs

Deutsch-indische Zivildienstpflichtige, die der Religionsgmppe der Sikhs angehören und die Einhaltung der religiösen Gebote ihrer Religion erkennbar für sich als verbindliche religiöse Verpflichtung betrachten, werden nicht einberufen. Ihnen ist eine Nichtheranziehungszusage auf Dauer zu erteilen.

3.7 Zivildienstpflichtige, deren Eltern/Geschwister als Zivilbedienstete bei der Bundeswehr tödlich verunglückt sind

3.7.1 Allgemeines

Mit diesen Regelungen soll der Lage der Familien, die der Allgemeinheit ein Opfer erbracht haben und die Einberufung zum Zivildienst als besonders hart empfinden, angemessen Rechnung getragen werden, soweit för die speziellen Fälle keine Befreiungsmöglichkeit besteht.

3.7.2 Nichtheranziehung

Zivildienstpflichtige, deren Vater/Mütter oder Brüder /Schwestern als Zivilbedienstete der Bundeswehr während oder aus Anlass eines Dienstes, der eine bundeswehreigentümliche gefahrengeneigte Tätigkeit beinhaltet, tödlich verunglückt sind, werden auf Antrag auf Dauer nicht zum Zivildienst herangezogen.

Bei Zivildienstpflichtigen, deren Vater, Mutter, Bruder und/oder Schwester bei einer vergleichbaren militärischen oder zivilen Tätigkeit in der ehemaligen DDR tödlich verunglückt sind, ist entsprechend zu verfahren. Die vergleichbaren Tätigkeiten ergeben sich aus E 4.6.2, weil sie auch im Rahmen des Befreiungstatbestandes nach § 10 Abs. 2 Nr. 2 ZDG zu berücksichtigen sind. Anders als dort ist hier allerdings auch der von den tödlich verunglückten Vätern/Müttern/Brüdem/ Schwestern geleistete Dienst in der NVA als SaZ mit einer Verpflichtungszeit von drei und mehr Jahren zu berücksichtigen.

3.7.3 Nachweise

Nachweise sind zu führen durch:

Bestätigung der Truppe/Beschäftigungsdienststelle

Bescheid des Versorgungsamtes oder

sonstige amtliche Nachweis.

3.8 Heranziehung bei dienenden Brüdern / dienstleistenden Schwestern

3.8.1 Grundsatz

Auf Antrag erhalten Zivildienstpflichtige, deren Bruder bzw. Schwester einen Dienst nach E 3.8.2 oder E 3.8.3 leisten, die Zusage, dass sie während der Dienstleistung ihres Bruders/ihrer Schwester nicht einberufen werden.

Dies gilt nicht, wenn der Zivildienstpflichtige

seine Einberufung wünscht,

bei der Entlassung des Bruders/der Schwester die für eine Einberufung zulässige Altersgrenze überschreiten wird.

3.8.2 Wehrdienst/Zivildienst

Für folgende Dienstleistungen kommt eine Nichtheranziehung nach E 3.8.1 in Betracht:

Zivildienst,

Grundwehrdienst,

SaZ 2.

3.8.3 Andere Dienstleistungen

Leisten Geschwister einen dieser Dienste, die bei voller Ableistung zu einer Befreiung des Zivildienstpflichtigen führen kann (vgl. E 4.6.2), kommt eine Nichtheranziehung wie folgt in Betracht:

beim Dienst im Zivil-/Katastrophenschutz für die letzten 9 Monate der gesetzlichen Verpflichtungsdauer,

beim Entwicklungsdienst für die letzten 9 Monate der Verpflichtungsdauer,

beim „anderen Dienst im Ausland" für die letzten 9 Monate der gesetzlichen Mindestdauer,

beim freiwilligen sozialen Jahr oder freiwilligen ökologischen Jahr von mindestens 9 Monaten für diese 9 Monate,

beim freien Arbeitsverhältnis für die letzten 9 Monate der gesetzlichen Mindestdauer.

3.9 Nationalsozialistisch Verfolgte

3.9.1 Zivildienstpflichtige jüdischer Abstammung

Zivildienstpflichtige jüdischen Bekenntnisses oder jüdischer Abstammung, deren nächste Angehörige (Großeltern, Eltern, ältere Geschwister) aus rassischen Gründen nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren, sind auf Antrag gemäß § 11 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 3 ZDG bis auf weiteres vom Zivildienst zurückzustellen. Die Verfolgung ist ohne Prüfung zu unterstellen, wenn die nächsten Angehörigen im Machtbereich des Nationalsozialismus gelebt haben.

Bei Sonderfällen siehe auch Nr. 3.9.4.

Ebenso werden jüdische ZDPfl, die sich auf die strenge Einhaltung der für sie geltenden Vorschriften berufen, nicht mehr einberufen. Ihnen ist eine Nichtheranziehungszusage auf Dauer zu erteilen (vgl. E 3.6.2).

3.9.2 Zugehörigkeit zur Gruppe der SInti und Roma

Zivildienstpflichtige, deren nächste Angehörige (Großeltern, Eltern, ältere Geschwister) nachweislich aufgrund der Zugehörigkeit zur Gruppe der Sinti und Roma nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren, sind auf Antrag nach § 11 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 3 ZDG bis auf weiteres vom Zivildienst zurückzustellen.

Der Nachweis nationalsozialistischer Verfolgung aufgrund der Zugehörigkeit zur Gruppe der Sinti und Roma ist als erbracht anzusehen, wenn nächste Angehörige des Zivildienstpflichtigen eine Entschädigung nach dem Bundesentschädigungsgesetz (BEG) bzw. den Richtlinien der Bundesregierung für die Vergabe von Mitteln an Verfolgte nichtjüdischer Abstammung zur Abgeltung von Härten im Rahmen der Wiedergutmachung vom 26.08.1981 (Bundesanzeiger Nr. 160 vom 29.03.1981) erhalten. Grundlage für die Gewährung einer solchen Entschädigung (Beihilfe) ist die Anerkennung des Antragstellers als „Verfolgter" im Sinne des § 1 BEG.

Bei Sonderfällen siehe auch Nr. 3.9.4.

3.9.3 Andere NS-Verfolgte

Die Zurückstellung anderer Zivildienstpflichtiger, deren nächste Angehörige (Großeltern, Eltern, altere Geschwister) nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen ausgesetzt waren, kann nur erfolgen, wenn sie den Nachweis erbringen, dass die Ableistung des Zivildienstes für sie eine besondere oder unzumutbare Härte bedeuten würde. Dieser Nachweis kann nicht -wie bei Zivildienstpflichtigen jüdischen Bekenntnisses oder jüdischer Abstammung - generell unterstellt werden. Die Auswirkung der Verfolgung auf den Zivildienstpflichtigen muss der Prüfung im Einzelfall vorbehalten bleiben. Eine Zurückstellung kann z.B. bei Zivildienstpflichtigen geboten sein, deren Familien durch nationalsozialistische Verfolgungsmaßnahmen in erheblichem Umfange gelitten haben.

Bei Sonderfällen siehe auch 3.9.4.

3.9.4 Sonderfälle

Handelt es sich bei den NS-Verfolgten nicht um nächste, sondern um entferntere Angehörige (z.B. Onkel) so ist zu prüfen, ob und inwieweit das von ihnen erlittene Schicksal als NS-Verfolgte im Falle der Einberufung eine unzumutbare Härte im Sinne des § 11 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. § 13 Abs. 1 Satz 3 ZDG darstellen würde. Sollten in einem solchen Falle die Ermittlungen ergeben, dass zu der gegebenen Antragsbegründung wegen NS-Verfolgung des entfernteren Angehörigen andere, die Einberufung zum Zivildienst erschwerende Tatsachen hinzutreten, kann insgesamt eine unzumutbare zur Zurückstellung „bis auf weiteres" führende Härte vorliegen. In solchen Fällen ist zu berichten.

3.9.5 Zivildienstüberwachung

Die nach E 3.9.1 bis E 3.9.4 bis auf weiteres zurückgestellten Zivildienstpflichtigen sind für die Dauer ihrer Zurückstellung von der Erfüllung der ihnen im Rahmen der Zivildienstüberwachung obliegenden Pflichten gemäß § 23 Abs. 7 ZDG zu befreien. Dies ist ihnen im Bescheid über die Zurückstellung zu eröffnen.

3.9.6 Sprachregelung

Die Ankündigung der Regelungen unter Nr. 3.9.1 bis 3.9.4 in den Medien hat zu Anfragen wegen einer angeblich bevorzugten Behandlung des betroffenen Personenkreises geführt. Zur Vereinheitlichung und Arbeitserleichterung kann in gleichgela-gerten Fällen in Anlehnung an den Wortlaut des folgenden Textes geantwortet werden:

„Enkel jüdischer Mitbürger und Angehöriger der Sinti und Roma, die nationalsozialistischen Verfotgungsmaßnahmen ausgesetzt waren, werden auf Antrag bis auf weiteres vom Zivildienst zurückgestellt. Damit wird berücksichtigt, dass während der Herrschaft des Nationalsozialismus diese Bevölkerungsgruppen in ihrer Gesamtheit besonderen Verfolgungen ausgesetzt waren, die sich nicht mit anderen Kriegsfolgen gleichsetzen lassen. In Erinnerung an die unmenschliche Behandlung naher Angehöriger durch die deutsche Staatsgewalt kann bei einem diesen Bevölkerungsgruppen angehörenden jungen Deutschen ein noch nachwirkendes Betroffensein vorliegen. Beantragt ein Zivildienstpflichtiger aus diesem Grunde seine Zurückstellung, so wird angenommen, dass die Zivildienstleistung für ihn eine unzumutbare persönliche Härte nach § 11 Absatz 4 Satz 1 und § 13 Absatz 1 Satz 3 des Zivildienstgesetzes bedeuten würde. Dabei wird nicht außer acht gelassen, dass andere Personen auch schwer unter Kriegsfolgen gelitten haben. Sie waren aber nicht wie Juden oder Sinti und Roma von der damaligen deutschen Staatsführung aus der Gemeinschaft des deutschen Volkes ausgegrenzt. Da insoweit von einem anderen Sachverhalt auszugehen ist, liegt auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor".

3.10 Anrechnung von Wehr- und Zivildienst anderer Staaten 3.10.1 Gesetzliche Regelung

Nach § 22a Abs. 1 ZDG kann das BMFSFJ im Einzelfall in fremden Streitkräften geleisteten Wehrdienst oder anstelle des Wehrdienstes geleisteten anderen Dienst auf den Zivildienst ganz oder zum Teil anrechnen.

Das BMFSFJ hat die Anrechungsbefugnis nach § 22a Abs. 2 Satz 1 ZDG auf das Bundesamt übertragen.

Die Anträge sind nach § 22a Abs. 2 Satz 2 beim Bundesamt zu stellen. Der Nachweis des geleisteten Dienstes (z. B. Dienstzeitbescheinigung, Militärpass, Soldbuch) ist in deutscher Sprache zu erbringen. Ist dies nicht möglich, kann auch eine Versicherung an Eides Statt verlangt werden (§ 22a Abs. 2 Satz 2 ZOG).

Die Anrechnung ist nach Regelungen in E 3.10.2 bis E 3.10.5 vorzunehmen.

3.10.2 Anrechnung bei zwischenstaatlichen Vereinbarungen

Hat ein Zivildienstpflichtiger für einen Staat, dessen Staatsangehörigkeit er ebenfalls besitzt, seine Wehrpflicht durch die Ableistung von Wehrdienst oder Zivildienst erfüllt und hat Deutschland mit diesem Staat

ein Sonderabkommen (vgl, E 1.3) oder

bilaterales Abkommen geschlossen (vgl. E 1.4) oder

ist dieser Staat dem Europaratsabkommen (vgl. E 1.2) beigetreten,

hat er dadurch auch seine Wehr-/Zivildienstpflicht gegenüber Deutschland erfüllt.

In diesen Fällen ist dem Zivildienstpflichtigen mitzuteilen, dass nach § 22a ZDG eine volle Anrechnung auf den Zivildienst erfolgt und die Zivildienstpflicht damit erfüllt ist.

3.10.3 Anrechung bei Dienstleistung in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken

Zivildienstpflichtige, die in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken Wehr- oder Zivildienst geleistet haben, werden analog einer entsprechenden Regelung der Bundeswehr nicht mehr zur Ableistung des Zivildienstes/ Restzivildienstes einberufen.

Daher bedarf es in diesen Fällen keiner Entscheidung Über einen Antrag auf Anrechnung nach § 22a ZDG. Den betroffenen Zivildienstpflichtigen ist folgendes mitzuteilen:

„Nach einer Verwaltungsregelung werden Sie nicht mehr zur Ableistung des Zivildienstes einberufen. Eine Entscheidung über ihren Anrechnungsantrag ist daher nicht erforderlich." Diese Mitteilung ist mit keiner Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen.

Zu den Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken zählen die in der Anlage 1

3.10.4 Anrechnung bei Dienstleistung in Staaten ohne Abkommen

Eine Anrechnung von im Ausland geleisteten Wehrdienst/ Zivildienst auf den deutschen Zivildienst ist vorzunehmen, wenn

er aufgrund gesetzlicher Vorschriften des Aufenthaltsstaates geleistet wurde oder

das BMVg dem Dienst außerhalb der Bundeswehr zu gestimmt hat.

Hatte der Zivildienstpflichtige vor Ableistung des ausländischen Wehr-/Zivildienstes seinen ständigen Aufenthalt in Deutschland, kann eine Anrechnung nur erfolgen, wenn für den Zeitraum der Dienstleistung die Genehmigung nach § 23 Abs. 4 ZDG erteilt wurde (vgl, E 1.5.3).

3.10.5 Zivildienstpflichtige, die in Ostblockstaaten Wehrdienst geleistet haben

Die Anrechnung der in der ehemaligen DDR vor dem 03.10.90 abgeleisteten Dienste erfolgt nach den Grundsätzen in C 1,3.2.

Bei in ehemaligen Ostblockstaaten geleistetem Wehrdienst ist nach E 3.10 zu verfahren. Hier ist insbesondere E 3.10.3 -Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken - zu beachten.

3.11 Wandergesellen

Bei der Wanderschaft handelt es sich nicht um eine Ausbildung im Sinn des § 11 Abs. 4 Nr. 3 ZDG.

Zivildienstpflichtigen ist auf Antrag aber für die Dauer ihrer Wanderschaft eine Nichtheranziehungszusage zu erteilen, wenn danach noch eine Heranziehung zum Zivildienst möglich ist.

Wandergesellen, die während ihrer Wanderschaft die für sie nach § 24 Abs. 1 ZDQ maßgebliche Altersgrenze überschreiten, kann daher keine Nichtheranziehungszusage erteilt werden.

Wandergesellen, auch als .Fremdgeschriebene" bezeichnet, sind in Zünften (Vereinen) organisiert, die sich auf zahlreiche örtlich organisierte Gesellschaften stützen. Die Zünfte schreiben als Wanderzeit bis zu 3 Jahren und 1 Tag vor.

Die Wandergesellen sind festen Statuten unterworfen. Sie müssen ledig sein, sich diszipliniert verhalten, ein Wanderbuch führen und auf der Wanderschaft bestimmte Stellen anlaufen. Ihr jeweiliger Aufenthalt ist der Zunft bekannt, die Verweildauer dort kann einige Wochen oder Monate betragen. Zum Wanderprogramm gehört in aller Regel auch ein Auslandsaufenthalt. Wird von den Zünften angegeben, dass längere Auslandsaufenthalte geplant sind, ist für die gesamte Dauer der Wanderschaft die Genehmigung nach § 23 Abs. 4 ZDG zu erteilen.

Den Anträgen auf Nichtheranziehung müssen Nachweise von einer der folgenden Zünften beigefügt sein:

Zentralverwaltung des Rolandschachtes, Fröbelweg 2, 04425 Taucha,

Gesellschaft der rechtschaffenen fremden und einheimischen Maurer- und Steinhauergesellen, Vogelhüttenberg 2B, 21077 Hamburg,

Vereinigung der fremden Zimmer- und Schieferdeckergesellen Deutschlands, Unzerstraße 18, 22767 Hamburg,

Zentrale des fremden Freiheitsschachtes (Gesellschaft der fremden Freiheitsbrüder), Mülleräcker 2, 84100 Niederaichbach,

Gesellschaft freier Vogtländer Deutschlands - Einheimische und reisende Bauhandwerker -, Riedstraße 10, 71711 Murr.

3.12 Arbeitslose, Arbeitnehmer ohne Kündigungsschutz, Zeitarbeitsverhältnisse

3.12.1 Grundsatz

Anträge arbeitsloser Zivildienstpflichtiger auf vorzeitige Einberufung sind bevorzugt zu bearbeiten.

3.12.2 Arbeitnehmer ohne Kündigungsschutz

Arbeitnehmer i. S. d. Arbeitsplatzschutzgesetzes - ArbPISchG -sind Arbeiter und Angestellte sowie die zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (§ 15 Abs. 1 ArbPISchG).

Die Einberufung eines Arbeitnehmers zum Zivildienst ist nach den Vorschriften des ArbPISchG regelmäßig kein „wichtiger Grund" zur Kündigung; dies gilt jedoch im Falle des Zivildienstes von mehr als sechs Monaten nicht für unverheiratete Arbeitnehmer in Betrieben mit i.d.R. fünf oder weniger Arbeitnehmern, ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten (§ 2 Abs. 3 ArbPISchG). Damit hat der betreffende Arbeitgeber im konkreten Fall unter Umständen ein Kündigungsrecht gegenüber dem einberufenen Arbeitnehmer, wenn ihm aufgrund der Einstellung einer Ersatzkraft die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach Entlassung aus dem Zivildienst nicht zugemutet werden kann. Dies gilt nicht, wenn sich der Arbeitnehmer noch in der Ausbildung befindet, da er im Rahmen des Ausbildungsvertrages gegenüber dem Arbeitgeber ein Recht auf Ausbildung hat, d.h. Kündigungsschutz besteht.

Der Zivildienstpflichtige kann sich auf eine besondere Härte i.S.d. § 11 Abs. 4 Satz 1 ZDG grundsätzlich nicht berufen, wenn er lediglich geltend macht, seine Einberufung bedeute schon wegen der Nichtanwendbarkeit der Vorschriften des ArbPISchG auf sein Arbeitsverhältnis und der daraus entstehenden Nachteile eine besondere Härte.

3.12.3 Zeitarbeitsverhältnisse zur Beschäftigungssicherung (Verringerung der Jugendarbeitslosigkeit) im Anschluss an die berufliche Ausbildung

3.12.3.1 Allgemeines

In verschiedenen Tarifverträgen sind Regelungen enthalten, die dazu beitragen sollen, die Jugendarbeitslosigkeit zu verringern. Es kann sich dabei um - verbindliche - Vereinbarungen oder Empfehlungen an die Ausbildungsbetriebe handeln, Jugendliche im Anschluss an die berufliche Ausbildung für eine bestimmte Zeit - mindestens 6 Monate bzw. bis zu einem Jahr - weiterzubeschäftigen. Das Durchlaufen solcher Zeitarbeitsverhältnisse soll die Chancen der Ausgebildeten auf dem Arbeitsmarkt verbessern. Die Jugendlichen erwerben in diesen befristeten Arbeitsverhaltnissen erste berufliche Erfahrungen (Berufspraxis).

Befristete Arbeitsverhältnisse im Anschluss an eine berufliche Ausbildung werden auch außerhalb von tarifvertraglichen Vereinbarungen sowie durch andere als die Ausbildungsbetriebe abgeschlossen. Weil auch diese Arbeitsverhältnisse die Chancen der Berufsanfänger auf dem Arbeitsmarkt verbessern können, werden sie von den nachfolgenden Regelungen ebenfalls erfasst. Hierbei ist zu beachten, dass diese Regelungen immer im Zusammenhang mit der jeweils gültigen „Verfahrensanweisung zu den Verwaltungsabläufen im Rahmen der wohlwollenden Einzelfallprüfung" gelten.

3.12.3.2 Zurückstellungsregelung

Wegen der Schutzbestimmungen im ArbPISchG, die Nachteile aus Anlass des Zivildienstes ausschließen, stellt die Verhinderung oder Unterbrechung eines befristeten Arbeitsverhältnisses keine besondere Härte im Sinne des § 11 Abs. 4 ZOG dar. Anträge auf Zurückstellung vom Zivildienst, die mit vereinbarten Zeitarbettsverhältnissen begründet werden, sind deshalb als unbegründet zurückzuweisen. Obwohl sich das durch den Zivildienst verhinderte oder unterbrochene Arbeitsverhältnis nicht um die Dauer des Zivildienstes verlängert (§ 1 Abs. 4 ArbPISchG, vgl. 3.12.3.6), stellt die Verhinderung oder Unterbrechung eines Zeitarbeitsverhältnisses keine berücksichtigungsfähige allgemeine Härte i.S. des ZDG dar.

3.12.3.3 Administrative Hilfe im Rahmen des Einberufungsermessens

Auf Zivildienstpflichtige mit Hochschul- oder Fachhochschulreife, die ein entsprechendes Zeitarbeitsverhältnis nachweisen, sind wegen ihres fortgeschrittenen Lebensalters die nachfolgenden Regelungen nicht anzuwenden.

Dies gilt jedoch nicht, wenn die Hochschul-/ Fachhochschulreife von ihnen während der Lehre erworben wurde.

Beantragen Zivildienstpflichtige vor ihrer Einberufung den Aufschub ihres Zivildienstbeginns für die Zeit eines nachgewiesenen, unmittelbar an die Ausbildung anschließenden Zeitar-beitsverhältnisses (6 bis 12 Monate) beim Ausbildungsbetrieb, sind sie zu dem auf das Ende des Zeitarbeitsverhältnisses folgenden Einberufungstermin einzuberufen. Bis dahin ist eine Nichtheranziehungszusage zu erteilen.

Die Möglichkeit der administrativen Hilfe besteht auch, wenn der Zivildienstpflichtige bereits angehört oder ihm der Einberufungsbescheid zugestellt wurde. Zur Änderung des Einberufungstermins ist unter Einschaltung der zuständigen Verwaltungsstelle / Zivildienstgruppe ein Änderungsbescheid zu erlassen.

Kann bei der Antragstellung noch kein entsprechendes Zeitarbeitsverhältnis nachgewiesen werden (Arbeitsvertrag), genügt zunächst auch eine Bescheinigung des Ausbildungsbetriebes über die beabsichtigte Übernahme in ein Zeitarbeitsverhältnis. In solchen Fällen ist, sofern der erforderliche Ermessensspiel-raum besteht, dem ZDPfl aufzugeben, den Zeitarbeitsvertrag spätestens zum vorgesehenen Beschäftigungsbeginn nachzureichen; der ZDPfl Ist bis dahin nicht in die Einberufungsvorbereitungen einzubeziehen. Weist er das befristete Arbeitsverhältnis nicht bis zum Beschäftigungsbeginn nach, ist er wie jeder andere Zivildienstpflichtige heranzuziehen.

3.12.3.4 Anmerkungen zu § 2 Abs. 5 ArbPISchG

Zivildienstpflichtigen, bei denen eine Nichtheranziehungszusa-ge nicht in Betracht kommt, sind folgende Hinweise zu erteilen:

Der Ausbildungsbetrieb darf gem. § 2 Abs. 5 ArbPISchG die Übernahme eines Auszubildenden in ein Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht aus Anlass des Zivildienstes ablehnen. Im Streitfall trifft den Arbeitgeber die Beweislast, dass die Ablehnung nicht aus Anlass des Zivildienstes erfolgt ist (§ 2 Abs. 5 i. V. m. § 2 Abs. 2 Satz 3 ArbPISchG).

3.12.3.5 Höhe des Arbeitslosengeldes nach dem Zivildienst

Auskünfte zur Höhe des Arbeitslosengeldes und über die Bezugsberechtigung erteilt die zuständige Agentur für Arbeit.

3.12.3.6 Anmerkungen zu § 1 Abs. 4 ArbPISchG

§ 1 Abs. 4 ArbPISchG schreibt vor, dass ein befristetes Arbeitsverhältnis durch die Einberufung zum Zivildienst nicht verlängert wird. Es endet somit ohne Rücksicht auf den Zivildienst zu dem Zeitpunkt, der zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer vertraglich festgelegt ist. Mit dieser Regelung hat der Gesetzgeber der Tatsache Rechnung getragen, dass die Gründe für die Befristung eines Arbeitsverhältnisses in der Regel für die Vertragspartner selbst zwingend sind, d.h. eine Beschäftigungsmöglichkeit über die zeitliche Begrenzung hinaus nicht besteht. Es würde deshalb nicht nur keinen Sinn ergeben, sondern auch in verfassungsrechtlicher Hinsicht bedenklich sein, wenn der Gesetzgeber solche Zeitarbeitsverträge verlängern und damit die Arbeitgeber zwingen würde, die Arbeitsverhältnisse auch nach Wegfall der Geschäftsgrundlage (z.B. Beendigung einer Saisonarbeit, einer Baumaßnahme usw.) fortzuführen.

Auf Grund des 1985 in Kraft getretenen Beschäftigungsförderungsgesetzes dürfen Arbeitsverhältnisse aber beispielsweise auch dann befristet werden, wenn zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses nicht feststeht, dass die Beschäftigungsmöglichkeit des Arbeitnehmers aus objektiven Gründen zu dem festgesetzten Zeitpunkt beendet ist. Arbeitgeber sollen hierdurch veranlasst werden, auch bei ungesicherter Auftragslage Neueinstellungen vorzunehmen, selbst wenn diese nur befristet erfolgen.

Eine Änderung des § 1 Abs. 4 ArbPISchG ist nicht beabsichtigt. Eine gesetzliche Verlängerung des Zeitarbeitsverhältnisses würde einen Eingriff des Staates in vertragliches Arbeitsrecht bedeuten. Eine solch schwerwiegende Maßnahme ließe sich nur rechtfertigen, wenn sie zur Herstellung von mehr Wehrgerechtigkeit notwendig und geeignet wäre, d.h. es müsste sichergestellt sein, dass die Hilfe für nur einige Zivildienstpflichtige nicht zum Nachteil anderer Zivildienstpflichtiger würde. Eine entsprechende gesetzliche Maßnahme würde zwar den Zivildienstpflichtigen helfen, die ein Arbeitsverhältnis haben; es würde sich mit Sicherheit aber nachteilig für alle ungedienten Zivildienstpflichtigen auswirken, die ein Arbeitsverhältnis suchen. Erfahrungsgemäß wäre damit zu rechnen, dass Arbeitgeber, die von den neuen Möglichkeiten des Beschäftigungsförderungsgesetzes Gebrauch machen wollen, arbeitsuchenden Zivildienstpflichtigen vor ihrer Einberufung keine befristeten Arbeitsplätze mehr anbieten. Damit würden diese Zivildienstpflichtigen von den Chancen des Beschäftigungsförderungsgesetzes weitgehend ausgeschlossen sein. Eine Änderung des § 1 Abs. 4 ArbPISchG hätte also für die Gesamtheit der Zivildienstpflichtigen mehr Nachteile als das geltende Recht. Darüber hinaus lassen sich befristete Arbeitsverträge nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz von aus sachlichen Gründen befristeten vielfach nicht unterscheiden. Auch befristete Arbeitsverträge nach dem Beschäftigungsförderungsgesetz werden im allgemeinen abgeschlossen, weil keine Daueraufgabe zu erledigen, zumindest aber weit die Auftragslage ungesichert ist. Sie stellen für den Arbeitgeber die Alternative zur Anordnung von Überstunden ohne zusätzliche Beschäftigungseffekte dar.

Es ist im allgemeinen nach außen nicht erkennbar, ob ein Arbeitsvertrag aus sachlichen Gründen oder auf der Grundlage des Beschäftigungsförderungsgesetzes befristet abgeschlossen wurde. Im übrigen gibt es keine gesetzliche Grundlage, die den Arbeitgeber bei befristeten Arbeitsverträgen zur Angabe des Grundes für die Befristung verpflichtet.

3.13 Jugendgruppenleiter

Leiter von Jugendgruppen, die ihre heimatnahe Einberufung wünschen, um auch während des Zivildienstes den Kontakt zu ihren Jugendgruppen aufrechtzuerhalten, sind im Rahmen des Möglichen heimatnah zum Zivildienst einzuberufen. Voraussetzung ist jedoch, dass sie die für die heimatnahen Stellen geforderte Eignung besitzen.

3.14 Teilnehmer an internationalen Berufswettbewerben

Zivildienstpflichtigen, die als Teilnehmer an internationalen Berufswettbewerben von ihren Fachverbänden benannt werden und dies dem Bundesamt unter Beifügung einer entsprechenden Bescheinigung dieses Verbandes anzeigen, ist auf Wunsch für die Dauer der Vorbereitungszeit und des Wettbewerbes die Zusage der Nichtheranziehung zum Zivildienst zu erteilen, sofern ihre Einberufung noch vor der nach § 24 Abs. 1 ZDG maßgeblichen Altersgrenze (i.d.R. das 23. Lebensjahr) möglich ist.

3.15 Jugend forscht

Schüler, die nach Abschluss der Abiturprüfung am Wettbewerb „Jugend forscht" teilnehmen wollen, können auf Antrag erst zum Oktobertermin einberufen werden.

3.16 Parlamentarisches Patenschaftsprogramm (PPP) 3.16.1 Allgemeines

Das Parlamentarische Patenschaftsprogramm wurde im Jahre 1983 anlässlich des 300. Jahrestages der deutschen Einwanderung nach Nordamerika vom Deutschen Bundestag und dem amerikanischen Kongress ins Leben gerufen. Veranstalter des Programms ist der Deutsche Bundestag, Durchgeführt wird das Programm in seinem Auftrag von privaten Austauschorganisationen in eigener Verantwortung; die Programmgestaltung erfolgt im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag. Ziel des Programms ist, der jungen Generation in den USA und in der Bundesrepublik Deutschland die Bedeutung freundschaftlicher Zusammenarbeit, die auf gemeinsamen politischen und kulturellen Wertvorstellungen beruht, auf anschauliche Weise zu vermitteln. Auftrag der deutschen Teilnehmer ist, die Bundesrepublik Deutschland in den USA als „Minibotschafter" zu vertreten.

3.16.2 Personenkreis

Teilnehmen können Schüler und Schülerinnen sowie junge Berufstätige bestimmter Altersgruppen, die zum Ablauf der Bewerbungsfrist ihre Hauptwohnung in der Bundesrepublik Deutschland haben.

Ihnen wird durch eine finanzielle Förderung (Übernahme der Kosten für Vorbereitungsseminare, für die Reisen in und aus den USA, für Versicherungen und für das Programm) ein einjähriger Aufenthalt ermöglicht. Die Ausreise der ausgewählten Teilnehmer erfolgt Ende Juli eines Jahres, die Rückkehr im gleichen Zeitraum des Folgejahres.

3.16.3 Auswahlverfahren

Auf Grund von Werbeaktionen in Schulen und anderen öffentlichen Einrichtungen bewerben sich insgesamt jährlich ca. 3.000 bis 4.000 Jugendliche. Teilnahmeberechtigt sind - neben nicht wehrpflichtigen Schülern und Schülerinnen bis 17 Jahre -junge Berufstätige oder Arbeitslose mit abgeschlossener Ausbildung, die zum Zeitpunkt der Ausreise mindestens 16, aber höchstens 21 Jahre alt sind (jährlich ca. 90 Personen). Junge Berufstätige/Auszubildende haben ihre Bewerbungen an die Internationale Weiterbildung und Entwicklung GmbH (InWEnt), Friedrich-Ebert-Allee 40,53113 Bonn zu richten.

Nach einer Vorauswahl liegt die InWEnt dem am Programm beteiligen Mitglied des Deutschen Bundestages eine Auswahlliste geeigneter Bewerber vor. Die/der Abgeordnete nominiert daraufhin eine(n) Stipendiatin/Stipendiaten und einen(n) Ersatzkandidatin/Ersatzkandidaten. Die beteiligten Bundestagsabgeordneten betreuen und unterstützen die ausgewählten Teilnehmer als Paten auch während des Austauschjahres.

Die InWEnt ist vom Deutschen Bundestag beauftragt und damit auch zur Ausstellung von Bescheinigungen berechtigt.

3.16.4 Einberufung zum Zivildienst

Die zivildienstpflichtigen Jugendlichen sollen den Zivildienst grundsätzlich vor ihrem Auslandsaufenthalt leisten.

Eine besondere persönliche Härte i.S.d. ZDG wird durch eine Verhinderung der Teilnahme am Patenschaftsprogramm nicht begründet. Bei den zur Einberufung heranstehenden zivildienstpflichtigen Jugendlichen kommt daher weder eine Zurückstellung für das Patenschaftsprogramm, noch die erforderliche Genehmigung zum Verlassen und zum Aufenthalt außerhalb der Bundesrepublik Deutschland in Betracht.

Mit der Verwaltung des Deutschen Bundestages besteht nach der aus Anlass von Einzelfällen notwendig gewordenen Erörterung der Sach- und Rechtslage gleichwohl Einvernehmen, dass die Teilnahme am Parlamentarischen Patenschaftsprogramm sowie am Auswahlverfahren durch geeignete Maßnahmen sichergestellt werden soll. Zielvorstellung ist, bei jeder im Einzelfall zu treffenden Entscheidung nicht nur den Erfordernissen des Zivildienstes, sondern auch der besonderen Bedeutung des Parlamentarischen Patenschaftsprogramms Geltung zu verschaffen.

Der Zeitraum, in dem der Zivildienstpflichtige seinen Zivildienst zu leisten hat, soll seine Teilnahme am Auswahlverfahren bzw. an dem ein Jahr dauernden Auslandsaufenthalt in den USA möglichst nicht auf Dauer vereiteln.

3.16.5 Information der Zivildienstpflichtigen

Die an einer Teilnahme am Patenschaftsprogramm interessierten jungen berufstätigen oder arbeitslosen Zivildienstpflichtige mit abgeschlossener Berufsausbildung werden dementsprechend in den Informationsunterlagen des Deutschen Bundestages darauf hingewiesen, dass sie beim Bundesamt bis spätestens Ende November, vor dem Beginn der Auswahlgespräche, sicherzustellen haben, dass der von ihnen zu leistende Zivildienst nicht in die Zeit des möglichen Auslandsaufenthalts fällt.

Sie werden ferner von der InWEnt darauf hingewiesen, dass die Ableistung des Zivildienstes grundsätzlich vor der Teilnahme am Patenschaftsprogramm zu erfolgen hat, weil eine Zurückstellung vom Zivildienst dafür nicht erfolgen kann. Über den konkret vorgesehenen Zeitraum des Zivildienstes wird ihnen eine verbindliche Auskunft (= Bescheinigung) des Bundesamtes abverlangt.

Sichergestellt werden soll auf diese Weise, dass eine frühzeitige Einberufung erfolgt und damit die Ableistung des Zivildienstes - bei erfolgreicher Bewerbung - der Teilnahme am Patenschaftsprogramm im darauffolgenden Jahr nicht mehr entgegensteht.

3.16.6 Behandlung von Problemfällen

Es ist vereinbart, Problemfälle, die vereinzelt auftreten können, einvernehmlich auf administrativer Ebene zwischen dem Deutschen Bundestag und dem BMFSFJ zu lösen. Aufgrund des für die Teilnahme am Patenschaftsprogramm festgelegten Höchstalters von 21 Jahren wird dies in aller Regel durch positive Ausübung des Einberufungsermessens erreicht werden können. Bei Schwierigkeiten ist daher II 1 einzuschalten.

3.16.7 Zeitpunkt der Einplanung

Es ist sicherzustellen, dass die Einberufung eines für den Zivildienst verfügbaren Zivildienstpflichtigen, der am Parlamentarischen Patenschaftsprogramm teilnehmen möchte, ggf. unmittelbar nach Beendigung der ersten Berufsausbildung erfolgt.

3.16.8 Verfahren bei vorübergehend nicht möglicher Einberufung

Ist die vom Zivildienstpflichtige benötigte Einberufungszusage / Einberufung vorübergehend nicht möglich und wird er daraufhin nachweislich für die Teilnahme am Patenschaftsprogramm angenommen, ist ihm, wenn möglich unter gleichzeitiger Zustellung des Einberufungsbescheides für den auf seine planmäßige Rückkehr aus den USA folgenden Einberufungstermin, die Genehmigung gemäß § 23 Abs. 4 ZDG für die Dauer der Teilnahme am Patenschaftsprogramm zu erteilen.

3.17 Freiwilligenprogramm der Vereinten Nationen (UNV)

Nach dem „Gesetz zu dem Abkommen vom 10. November zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinten Nationen über den Sitz des Freiwilligenprogramms der Vereinten Nationen vom 5. Juni 1996" wurde der Sitz des Freiwilligenprogramms mit Wirkung vom 12. Juni 1996 nach Bonn verlegt.

Bedienstete des Freiwilligenprogramms sind nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 Buchstabe c) des Abkommens von jeder nationalen Dienstleistung befreit. Zivildienstpflichtige dieses Personenkreises sind für die Dauer ihrer Verwendung bei der UNV nicht zum Zivildienst heranzuziehen.

3.18 Bedienstete der Internationalen Meeresbehörde (IMB)

Anträge auf Befreiung vom Zivildienst, die Zivildienstpflichtige unter Hinweis auf ein Privilegienprotokoll stellen, weil sie Bedienstete der IMB sind, sind II 1 zuzuleiten. In diesen Fällen muss dem BMFSFJ berichtet werden.

3.19 Transsexuelle

3.19.1 Heranziehung

Mann-zu-Frau-Transsexuelle und Frau-zu-Mann-Transexuelle stehen für den Zivildienst nicht zur Verfügung.

Darf ein Zivildienstpflichtiger nach § 1 des Transsexuellengesetzes -TSG- einen weiblichen Vornamen führen, ist er noch nicht zum weiblichen Geschlecht zu zählen. Trotzdem sind diese Zivildienstpflichtigen nicht zum Zivildienst einzuberufen.

Wurde ein Antrag bei Gericht auf Führung des weiblichen Vornamens gestellt, ist die Heranziehung bis zur Vorlage der Entscheidung nach § 1 TSG auszusetzen.

Ist eine Entscheidung nach § 8 TSG ergangen, dass der Zivildienstpflichtige als zum weiblichen Geschlecht zugehörig anzusehen ist, ist er nicht mehr wehr-/zivildienstpflichtig.

Das Bundesamt ist nicht berechtigt, eine vorgenommene Geschlechtsumwandlung abzufragen und sich ggf. hierüber Bescheinigungen vorlegen zu lassen. In solchen Fällen ist abzuwarten, bis die rechtskräftige Entscheidung des Gerichts vorliegt.

3.19.2 Einschaltung des behördlichen Datenschutzbeauftragten

Nach einer Entscheidung des Gerichts gemäß §§ 1, 8 TSG sind die Personalakten der betroffenen Zivildienstpflichtigen an den behördlichen Datenschutzbeauftragten abzugeben. Die weitere Bearbeitung erfolgt dort.

Bei der Z-Reg ist ein entsprechender Fehlkarteneintrag zu veranlassen

Anträge auf Ausstellung von Dienstzeugnissen oder Dienstzeitbescheinigungen mit weiblichem Vornamen und in der weiblichen grammatikalischen Form sind ebenfalls an den Datenschutzbeauftragten weiterzuleiten.

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